Lezama: Das Dorf in dem alles anders ist.

30 09 2011

Nach rund 7 ½ Stunden über den Wolken erreichte ich spätabends die Argentinische Hauptstadt Buenos Aires. Die Fluglinie Aerolineas Argentinas kann ich überhaupt nicht empfehlen. Nach dem schlechten Service am Boden laberten die Flugbegleiterinnen ständig etwas von Turbulenzen, nur damit sie während des Fluges keine Passagiere bedienen mussten.

Am Flughafen Ezeira lief die Einreise dann problemlos. Amerikaner, Kanadier und Australier dürfen bei der Einreise übrigens gleich mal zwischen 120 und 140 US-Dollar abdrücken. Unsereins durfte kostenfrei einreisen. Der Shuttle-Service von Manuel Tienda Leon kam zwar mit massiver Verspätung, setzte mich aber direkt vor meinem Hostel ab. Kostenpunkt 60 Pesos (1 Sfr. = ca. 5 Pesos).

Die Nacht war kurz und nach dem Frühstück machte ich mich auf zum Busbahnhof Retiro. Dieser ist mit der Metro für 1.25 Pesos ziemlich einfach zu erreichen. Die Grösse des Terminals ist beeindruckend. Im 1. Stock reihen sich hunderte Ticketschalter aneinander, im Erdgeschoss stehen die Busse in einer Reihe.

Mit Condor Estrella machte ich mich auf den Weg in die Pampa. „Wohin wollen Sie?“ Die Dame am Schalter konnte nicht wirklich verstehen was ein Tourist im 5000-Seelen-Dorf Lezama will. Doch in Lezama wartete man bereits auf mich. Mit einem lustigen Schild standen meine beiden Arbeitskollegen Marco und Martin sowie mein nach Lezama ausgewanderter Ex-Arbeitskollege David pünktlich an der Haltestelle.

Nur wenige Minuten entfernt, am Rande des ruhigen Nestes wohnt David mit seiner Familie in einem hübschen kleinen Häuschen. Wir drei wurden in einer noch nicht ganz fertig gestellten Garage einquartiert. Allerdings hatte jeder sein eigenes Bett, auch wenn die Matratzen nicht für jeden Rücken ganz optimal waren.

Am ersten Tag war erst einmal die Begrüssungstour angesagt. Die meisten von Davids Freunden und Verwandten haben schon einmal in der Schweiz gearbeitet und sprechen daher schweizerdeutsch. Die meisten sogar in meiner aktuellen Wohngemeinde. Abends wurden dann die ersten Quilmes-Biere vernichtet. Bier trinkt man in Argentinien in der Regel aus der Literflasche. Leider bietet das Nachtleben von Lezama weniger als nichts, weshalb wir den Abend jeweils in einer privaten Billardbar im Hinterzimmer einer Bocciahalle verbrachten.

Am Dienstag waren schliesslich Reitstunden angesagt. Rund um Davids Haus weiden unzählige Pferde. Uns wurde der Gaul Regalito zugeteilt. Während David sich als richtiger Gaucho bewährte zeigte meine Wenigkeit doch etwas Respekt vor dem ungewohnten Fortbewegungsmittel. Ohne jegliche Erläuterungen setzte man mich auf den Hengst und nach einigen Anfangsschwierigkeiten tat dieser dann auch was ich wollte. So einfach ist Reiten.

Als zweite „Prüfung“ folgte am Mittwoch schliesslich Fischen. Nachdem wir Davids Bruder José abgeholt hatten mussten wir noch Köder besorgen. Wie David uns in regelmässigen Abständen erklärte ist in Lezama sowieso alles anders, deshalb fischt man hier auch nicht mit Würmern sondern mit kleinen Fischen. Anders ist übrigens auch dass man nachts nicht mit Licht fahren darf…

Mit den Fischen und reichlich Fleisch für ein Asado im Gepäck chauffierte uns David durch die Argentinische Pampa. Nicht weit von Lezama liessen wir uns an einem Fluss neben einer Brücke nieder, wo ich die Ehre hatte den ersten Fisch an Land zu ziehen. David zog dann noch zwei weitere heraus, diese waren jedoch zu klein oder ungeniessbar, weshalb die Ausbeute des Tages etwas mickrig war. Aber wir hatten ja noch das Rindfleisch welches José pflichtbewusst zubereitete.

Wie bereits Marco und Davids Familie zuvor wurde auch ich Opfer von kurzen, aber heftigen Magenproblemen, weshalb ich das von einem Gruppenleiter unsere Firma (Danke Urs!) gesponserte Abendesse leider ausfallen lassen musste.

Am Donnerstag hiess es dann schweren Herzens Abschied nehmen, wozu wieder die Runde im Dorf gemacht wurde. Von José gab es zum Abschied ein T-Shirt von Diego Armando Maradona und von David einen echten Mate-Becher. Mate, ein Tee, wird von den Argentiniern zu jeder Tages- und Nachtzeit geschlürft. Dazu benötigt es aber einen speziellen Becher und eine Art Trinkrohr.

Mit dem gewohnten Bus fuhren wir zu dritt Richtung Buenos Aires zurück. Marco und Martin suchten sich dann gleich Tickets für den Nachtbus nach Mendoza, während ich in mein bereits bekanntes Hostel zurückfuhr.



Venezuela: Puerto Cabello und Isla Larga.

20 09 2011

Am Donnerstag wurde Caracas schliesslich für ein paar Tage verlassen. Ziel war die Hafenstadt Puerto Cabello, wo wir Gleners Verwandtschaft besuchen wollten. Leider war das Timing nicht optimal, weshalb wir erst eine Stunde auf den Bus warten mussten, ehe wir aufgrund des Verkehrs doppelt solange wie geplant im Bus sassen. In Valencia erwischten wir gerade noch den letzten Bus nach Puerto Cabello. In Venezuela passen schon mal 60 Leute in einen 32er-Bus…

Beim riesigen Haus von Gleners Verwandten wurde die Türe gleich wieder von einer bildhübschen Cousine geöffnet. Uns wurden die Betten zugewiesen und schon war wieder Morgen.

Nach dem Frühstück fuhren wir zum Strand. Gleners Onkel ist Taxifahrer und stellte uns seine Dienste während des gesamten Aufenthaltes kostenlos zur Verfügung. Lediglich eine Flasche Cerveza nahm er gelegentlich an. Der Strand war allerdings eher enttäuschend. Dies wusste Glener, weshalb wir Minuten später in der kleinen Fähre zur Isla Larga sassen (Fähre und Nationalparkgebühr 25 BsF).Die „lange Insel“ ist kleines ein Paradies. Glasklares Wasser, ein kleiner, von Bäumen gesäumter Strand und schattige Liegeplätze soviel man will. Der einzige Nachteil sind die vielen Ameisen, doch die meiste Zeit ist man eh im Wasser.

Der Strand hat uns so gut gefallen dass wir am nächsten Tag gleich nochmals hin fuhren. Beim ersten Besuch wurden wir nämlich von einem Gewitter vertrieben. Zufluchtsort war die Kneipe an Land. Hier gab es lecker Cerveza zu normalen Preisen und ein Taxifahrer berieselte den Strand mit seiner Soundanlage im Kofferraum während die Mädels dazu Salsa tanzten.

Abends sass die ganze Strasse wie in Venezuela üblich vor ihren Häusern und trank zu lauter Reggaeton-Musik Bier und andere undefinierbare Durstlöscher. Mit meinen blonden Haaren war ich natürlich der Star in der Strasse und vor allem die Kinder wollten alle ein Foto mit mir machen. Was sie aber davon haben wenn das Foto auf meiner Kamera ist weiss ich bis heute nicht.

Am Samstag kam dann noch einmal eine ganze Schar von Gleners Verwandten zu Besuch. Nach einem Bummel durch die nicht sehr sehenswerte Stadt und entlang dem Malecón (Hafenpromenade) versuchte Gleners Tante mich regelrecht abzufüllen. Doch bei den kleinen und leichten Polar-Bieren gelang ihr das nicht annähernd. Gegen 15:00 musste ich Glener dazu zwingen dass wir zurück nach Caracas fahren, schliesslich musste ich noch Wäsche waschen, ein Hostel buchen und diesen Blog hier zu Ende schreiben.

Letzteres gelang mir dann doch nicht mehr ganz, denn momentan sitze ich bereits in einer Maschine der Aerolineas Argentinas irgendwo über dem Amazonas.Der Flughafen in Caracas ist übrigens der mieseste den ich je gesehen habe. Nicht wegen der Infrastruktur, sondern wegen dem Service. Den Airport erreichte ich innert Rekordzeit, doch der Check-In dauerte ewig. Innert 2 Stunden schafften es die Tratschtanten am Schalter gerade mal 30 Passagiere einzuchecken. Als die Zollkontrolle dann nochmals solange hätte dauern sollen und mein Flieger schon bereit zum Boarding war drängte ich mich eben in die Schlange für Diplomatenpässe. Andere Personen welche hätten mitfliegen sollen kamen nicht auf diese Idee, weshalb ihr Gepäck schliesslich wieder ausgeladen wurde. Für diesen miserablen Service kassiert der Flughafen übrigens noch 190 BsF. Bolivar zurückwechseln kann man auch nicht mehr, die Venezuelaner wollen nur Dollars sehen.

Ich verlasse die bolivarische Republik also mit gemischten Gefühlen und freue mich auf die heissblütigen Fussballfans, leckeres Rindfleisch und ein Wiedersehen mit meinen 3 (Ex-) Arbeitskollegen David, Marco und Martin in Argentinien.



Venezuela: Caracas und Umgebung.

18 09 2011

Was hatte ich nicht alles für Vorurteile über Venezuela gehört: Kriminalität, Armut, miserabler Wechselkurs, gefährlicher Strassenverkehr, schlechtes Essen… Und jedes einzelne davon kann ich bestätigen! Trotzdem hat mir der Aufenthalt im Norden Südamerikas überraschend gut gefallen.

Dies lag nicht zuletzt an meinem Freund Glener. Ihn hatte ich kurz nach meiner ersten Weltreise in einem Hostel in Madrid kennengelernt. Damals konnte ich kaum spanisch und er kaum englisch, weshalb wir uns gegenseitig ein paar Brocken der jeweiligen Sprache beibrachten. Wie so oft versprach ich ihn sobald ich in Südamerika sei zu besuchen. Und dieses Versprechen habe ich nun eingelöst.

Von Cartagena flog ich also zuerst mit Avianca nach Bogotá, wo ich wegen Bauarbeiten kaum Zeit zum Umsteigen hatte. Leider hatte ich somit auch keine Zeit zum Geldwechseln, doch dazu später. Mit derselben Airline wurde schliesslich Caracas angesteuert. Avianca bietet übrigens selbst auf Inlandflügen unter einer Stunde das komplette Bordunterhaltungsprogramm im eigenen Sitz und auch kostenlose alkoholische Getränke. Dazu gibt es Lufthansa-Meilen.

In Caracas angekommen gab es wieder einmal einen Stempel auf einer bereits gefüllten Seite des Passes ehe ich Glener endlich begrüssen konnte. Gemeinsam fuhren wir mit dem Flughafenbus (25 BsF) innert rund einer Stunde ins Zentrum.

Die Bolívares Fuertes existieren erst seit ein paar Jahren. Damals wurden beim Bolívar 3 Nullen gestrichen um die Währung aufzuwerten. Wenige alte Münzen sind noch im Umlauf, Noten habe ich bisher keine gesehen. Der Wechselkurs zum US-Dollar wurde von der Regierung Chavez auf 4.3 BsF festgelegt. Diesen Kurs bekommt man an allen Geldautomaten und Wechselstuben. Parallel existiert aber ein Schwarzmarkt, auf dem man fast das Doppelte kriegt! Aus diesem Grund hatte ich eben in Kolumbien noch Pesos in US-Dollar wechseln wollen. Für meine wenigen verbliebenen USD bekam ich 8.3 BsF, für die Pesos leider viel weniger.

Glener wohnt in einer Gegend welche man schon fast als Slum bezeichnen könnte, doch die Wohnung seiner Familie ist ganz ordentlich. Gleich wurde ich von seiner Mutter, seinen hübschen Cousinen und deren Ehemännern samt Kindern in Empfang genommen. Ich bekam mein eigenes Bett und auch Hunger muss ich dank Gleners Mama niemals leiden. Nur das Toilettenpapier suchte ich in der ersten Nacht vergebens.

Fussball, Venezuela, Primera División Venezolana, neuer Ground und Länderpunkt
09.09.11 Real Esppor Club – Trujillanos FC
1:1 (0:1), ca. 500 Zuschauer, Estadio Brígido Iriarte, Caracas

Keine 5 Stunden nach meiner Ankunft sass ich bereits im Fussballstadion. Das Estadio Brigido Iriarte konnte sich sehen lassen, die Zuschauerzahl hingegen nicht. Fussball interessiert in Venezuela niemanden, Baseball dafür umsomehr Leute. Trotzdem sind die Preise für ein Spiel der obersten Liga ganz schön happig. 80 BsF bezahlte ich für die Eintrittskarte, und da ich zuvor meine Begleiter eingeladen hatte konnte ich den Betrag gleich 3 mal berappen.

Das Spiel, welches ohne ersichtlichen Grund von Sonntagnachmittag auf Freitagnachmittag verschoben wurde konnte dann doch erst unter Flutlicht angepfiffen werden. Grund war der heftiger Regen zuvor, weshalb das Spielfeld erst vom Wasser befreit werden musste. Während der Partie hatte ich heftig damit zu kämpfen nicht einzuschlafen. Soviel zu der Attraktivität der Begegnung.

Ohne Begleitung ist Caracas, die Hauptstadt Venzuelas ein sehr heisses Pflaster. Deshalb ging ich so gut wie nie alleine irgendwohin, das hätte Glener nie zugelassen. Zurecht: Eines Tages sassen wir im Stadtbus als 3 verdächtig aussehende Männer das Gefährt betraten. Glener packte mich und als wir draussen waren sahen wir wie der Busfahrer um seine Tageseinnahmen erleichtert wurde.

In Caracas gibt es aber auch sehr schöne Orte zu sehen. Fast an jeder Metrostation gibt es einen prunkvollen Hauptplatz, meist mit einem Brunnen. Die Innenstadt wurde zur sicheren Fussgängerzone erklärt, welche von dutzenden, manchmal sogar deutschsprechenden Sicherheitskräften bewacht wird. Hier besuchten wir das Geburtshaus des in Venezuela vergötterten Freiheitskämpfer Simon Bolivar, welcher oft nur „El Libertador“ genannt wird. Daneben gab es ein Museum. Wieso der ach so geliebte Befreier letztes Jahr exhumiert wurde weiss allerdings niemand so genau.

An einem schönen Abend besuchten wir das Viertel El Hatillo, welches mit schicken Restaurants, edlen Kaffeehäusern und Souvenirläden aufwartetet. Ein Besuch dort lohnt sich allemal, auch wenn das Preisniveau etwas höher ist. Auch eine der zahlreichen Malls gibt es hier.

Eigentlich wollten wir den Pico El Avilá mit seinen 2‘105 Metern zu Fuss erklimmen, doch auch hier spielte der Regen einmal mehr Spielverderber. So besorgten wir uns Tickets für die Seilbahn aus österreichisch/schweizerischer Co-Produktion, welche uns für 35 BsF innert 18 Minuten auf den Gipfel brachte. Auf dem Gipfel herrschten schon fast winterliche Verhältnisse. Es war neblig, feucht und kühl, so dass die Eisbahn gar nicht so fehl am Platz war. Lustig war es allemal den Einheimischen beim „Eislaufen“ zuzusehen. In Wirklichkeiten hielten sie sich nur am Geländer fest und liefen so mehrmals im Rink herum.Am Ende eines Pfades der an die Chinesische Mauer erinnerte stand das ehemalige Luxushotel Humboldt, welches nach dem deutschen Weltreisenden benannt wurde, der diesen Gipfel erklommen hatte. Heute ist es allerdings nicht mehr in Betrieb, wir aber von den Einheimischen gerne als Fotomotiv verwendet. Der Weg dahin ist gesäumt mit Marktständen, welche vorwiegend heisse Schokolade und Erdbeeren mit Rahm anbieten.

Nach einem Ruhetag fuhren wir innert gut 2 Stunden nach Deutschland. Genauer in die Colonia Tovar, einer Kolonie, welche 1943 von deutschen Auswanderern aus der Gegend um den Kaiserstuhl gegründet wurde. Die Kolonie, inzwischen eine Touristenattraktion, besteht vor allem aus Hotels welche Namen wie Frankfurt, Heidelberg, Düsseldorf oder Schwarzwald tragen. Daneben gibt es beispielsweise das Bäcker-Café, die Kneipe Zu Hause und das Restaurant Muhstall, in welchem wir uns eine leckere Wurst mit Kartoffel- und Krautsalat gönnten. Dies übrigens zu fairen Preisen.



Kolumbien: Das erste Mal in Südamerika.

11 09 2011

Der Anflug auf die Kolumbianische Grossstadt Medellín gehörte zweifelsohne zu den spektakuläreren meiner Fliegerkarriere, denn so nahe konnte ich die umliegenden Berge noch von keinem Flugzeug aus betrachten. Den Einreisestempel gab es ohne Problem gleich auf die erste Seite des Reisepasses. Wenn die Grenzbeamten weiterhin so sparsam stempeln bringe ich das Teil vor 2014 nicht mehr voll.

Nachdem ich den Maximalbetrag an Kolumbianischen Pesos (1 CHF = ca. 2‘200 COL) aus der Wand gezogen hatte brachte mich ein Minibus für 7‘000 COL binnen 45 Minuten in die Innenstadt. Direkt am Parque de Berrio, einem der Hauptplätze befand sich dann auch eine Metrostation. Ja, richtig: In Medellín fährt eine blitzsaubere und kostengünstige Hochbahn, welche die Innenstadt mit den Vororten verbindet. Eine Fahrt kostet 1‘750 COL, für ein paar Pesos mehr darf man danach den Bus benützen.

Den Bus brauchte ich allerding nicht um von der Station Poblado zu meinem Hostel zu gelangen, lediglich etwas Muskelkraft, denn die Gegend befindet sich an einem Hügel. Das Tiger Paw Hostel liegt mitten in der Zona Rosa, dem Trend- und Ausgehviertel der ehemaligen Hauptstadt des weltweiten Drogenhandels.

Bis Anfang der 90er-Jahre war die Stadt für Touristen ein absolutes No-Go. Drogenbaron Pablo Escobar hatte die Stadt fest in seiner Gewalt. Personen welche ihm nicht in den Kram passten wurden beseitigt, wozu in erster Linie Polizisten, aber auch Ex-Geliebte gehörten, welche versehentlich schwanger wurden.

Escobar war mächtiger als der Staat und bot gar an die Auslandsschulden Kolumbiens zu begleichen. Eine kurze Haftstrafe sass er in seinem eigens für ihn erbauten Gefängnis ab, wo er selbst während seinem Aufenthalt Menschen hinrichten liess. Dank seinem sozialen Engagement wurde er in der Bevölkerung teilweise als Robin Hood Kolumbiens gefeiert. 1993 wurde er bei einer Razzia erschossen, worauf Kolumbien nach und nach zum sichersten Reiseland Südamerikas wurde.

Inzwischen hat sich Medellín, die Stadt des ewigen Frühlings, zu einer schönen und bei Touristen beliebten Metropole gemausert. Am ersten Samstag im Monat (an welchem ich glücklicherweise anwesend war) findet im Parque Bolivar ein grosser Markt statt. Ich war überrascht, denn hier findet man nicht den üblichen Billigschrott den es auf der ganzen Welt gibt, sondern wunderschöne, handgefertigte Produkte von Einheimischen Bauern und Handwerkern.

Fussball, Kolumbien, Categoría Primera A, neuer Ground und Länderpunkt
03.09.11 CD Itagüí Ditaires – Boyacá Chicó FC
1:1 (1:0), ca. 2’500 Zuschauer, Estadio Metropolitano Ciudad de Itagüí, Itagüí

Am späteren Nachmittag war schliesslich Zeit für den Länderpunkt Kolumbien. Das erste von 2 Spielen an diesem Wochenende fand im Vorort Itagüí statt, dessen Stadion bequem mit Metro und Bus erreicht werden konnte. Beim Verein CD Itagüí Ditaires handelt es sich um den neuen Verein des ehemaligen Schweizer Nationalspielers Johan Vonlanthen. Tags zuvor verkündete er in einem Interview mit einer unseriösen Schweizer Tageszeitung wie wohl er sich hier fühle, wie toll und ambitioniert der Verein und das Publikum sei und dass er wegen seinem Glauben hier Samstags nie spielen müsse. Man spiele sowieso selten Samstags.

Die Wahrheit sieht anders aus: Für den Verein interessiert sich hier keine Sau. Der Profifussball ist nur dank einem Geldgeber möglich und die wenigen Zuschauer sind lediglich eigene Junioren, welche gratis ins Stadion dürfen. Ausserdem spielt man wegen fehlenden Flutlichts fast immer am Samstagnachmittag. So bleiben auch kaum erwähnenswerte Eindrücke übrig.

Fussball, Kolumbien, Categoría Primera A, neuer Ground
04.09.11 CD Independiente Medellín – AD Cali
3:0 (2:0), 11’691 Zuschauer, Estadio Atanasio Girardot, Medellín

Besser war das Spiel am Sonntag. Im grossen Estadio Atanasio Girardot traf CD Independiente Medellín auf AD Cali. Offiziell wurden rund 11‘000 Zuschauer verkündet, in Wirklichkeit waren es aber mindestens 20‘000. Die Stimmung war fantastisch, da die Fans sich auf eine Seite des Stadions konzentrierten. Die rund 100 mitgereisten Fans aus Cali schafften es mit Transparenten und Fahnen den Block so zu schmücken dass er wie ausverkauft aussah. Leider spielte auch hier die Polizei den Spielverderber und prügelte die Gäste bereits 5 Minuten vor Spielende aus dem Stadion. Begleitet wurde ich an diesem Spiel von 2 Engländern, welche als Arsenal-Geschädigte ganz begeistert waren.

Nach 4 Nächten in Medellín nahm ich den Nachtbus nach Cartagena de Indias, einer Stadt an der Karibikküste. Der Bus war angenehm und brauchte für die Strecke rund 13 Stunden, wofür ich 108‘000 COL hinblättern musste. Die Busse in Kolumbien haben übrigens keine Fixpreise, man kann also immer etwas verhandeln.In Cartagena angekommen nahm ich den Bus ins Zentrum. Obwohl es nur etwa 6 Kilometer waren dauerte dieses Unterfangen etwa 1 Stunde.

Und dann geschah etwas was ich nie für möglich gehalten hätte: Ich traf einen ehrlichen Taxifahrer! Ich wollte dass er mich zu meinem Hostel bringt, da meinte er dass ich dazu kein Taxi bräuchte und zeigte mir den Weg.

Nach dem Einchecken folgte ein ergiebiger Stadtbummel durch die wunderschöne Altstadt Cartagenas, welche durch eindrucksvolle Stadtmauern und einer Festung geschützt ist. Leider ist der Rest der Stadt alles andere als schön, doch als Tourist bleibt man vorwiegend innerhalb der malerischen Altstadt.

Mit ein paar Leuten aus dem Hostel ging ich jeweils Essen und trank Abends ein paar Bierchen. Am Dienstag war in einem anderen Hostel eine Party angesagt. Kurz bevor wir eigentlich gehen wollten kam ein älterer Herr zu uns und meinte dass er Professor an einer Uni in Bogotá sei und uns seine Studentinnen vorstellen wolle. Und tatsächlich verbrachten wir den Abend von nun an mit einem Haufen hübscher Kolumbianerinnen, welche uns vergeblich versuchten die verschiedenen Tanzschritte beizubringen.

Am letzten Tag besuchten wir schliesslich die mächtige Festung, welche Cartagena vor den Eroberern schützte. Nick, ein Engländer schaffte es auf der Festung schliesslich sich im Klo einzusperren. Er konnte zwar nichts dafür, da das Schloss gebrochen war, doch die Aktion stiess auf grosses Interesse bei den anwesenden Einheimischen, so dass bald mal gegen 30 Zuschauer um das kleine Häuschen standen und sich vor Lachen krümmten. Mit schwerem Werkzeug wurde die Türe nach rund 45 Minuten und unzähligen erfolglosen Versuchen schliesslich aufgebrochen.

Da mir bisher ausnahmslos alle anderen Mitreisenden mit Venezuela-Erfahrung vom Nachtbus nach Caracas abgeraten hatten zog ich es vor per Flugzeug einzureisen. Leider gab es die einzige Verbindung nur für rund 450 Schweizer Franken über Bogotá. Nun ja, mein Leben ist mir eben wichtig.

Erst nach der Buchung entdeckte ich folgenden Satz im Internet: „Avianca hatte seit 1973 zwölf Flugzeugverluste und 545 Todesopfer.“



Oh, wie schön ist Panama!

8 09 2011

Ausser dem Kinderbuch von Janosch mit dem oben genannten Titel kannte ich rein gar nichts von Panama. So wurde das letzte Land meiner Mittelamerikareise auch eines der interessantesten.

Meine erste Station nach der Grenze war die zweitgrösste Stadt des Landes, David. Hier nistete ich mich für 2 Nächte im Purple House ein. Der Name war Programm: Im Purple House, welches von der Amerikanerin Andrea geführt wird, ist fast ausnahmslos alles lila. Selbst ihre Hundedame Cute-Si musste dran glauben und bekam zwei lila Schleifen an die Ohren verpasst.

In David verweilte ich eigentlich nur weil der Spielplan mir hier ein Spiel der obersten Liga Panamas versprach. So fand ich mich pünktlich um 20:00 am Samstagabend zusammen mit rund 50 Schaulustigen im örtlichen Stadion ein, wo die Partie zwischen Chiriquí und Chorrillo hätte stattfinden sollen. Dies wurde mir sogar beim kostenlosen Betreten des Stadions noch versichert!Die geringe Zuschauerzahl und die Ambiance eines Spiels der letzten Aargauer Liga an einem Dienstagabend im November überraschte mich auch nicht, doch als die Unparteiischen nach 35 Minuten Spielzeit zum Pausentee pfiffen war mir klar dass es hier um kein Spiel der Liga Panameña de Fútbol handeln konnte. Der Herr am Getränkestand erklärte mir dass das Spiel um einen Tag verschoben wurde. Da ich das Ticket für Nachtbus in die Hauptstadt am selben Abend schon in der Tasche hatte kam es nicht in Frage zu bleiben. Am nächsten Tag sollte dort ja auch noch eine Partie stattfinden.

Das Ticket für den Nachtbus gab es für 18.15 Balboa. Der Balboa ist die offizielle Währung von Panama, existiert in Wirklichkeit jedoch nur auf dem Papier und in Form von Münzen. Man bezahlt hier mit dem US-Dollar, welcher den gleichen Wert hat. Normalerweise kriegt man auch USD-Münzen zurück, manchmal aber auch Balboa-Münzen, welche sich in Grösse und Wert nicht vom Dollar unterscheiden. Eine Ausnahme ist die seltene 50-Centésimos-Münze, welche ich genau einmal bekommen habe.

Im Bus hatte ich das Privileg im oberen Stock auf dem vordersten Sitz Platz nehmen zu dürfen. So bequem ist das allerdings gar nicht. Nachdem ich bei der Einfahrt in Panama einen ersten spektakulären Blick auf den berühmten Kanal erhaschen durfte erreichten wir den riesigen Busbahnhof Albrook.

Da mein Hostel eine hundsmiserable Wegbeschreibung lieferte fand ich es nach einer Busfahrt (0.25 Balboas) und einer erfolglosen Taxiodyssee eher zufällig. Die Villa gefiel mir aber, verfügte sie doch über einen eigenen Pool und klimatisierte Schlafsäle. Letzteres wurde mir dann aber noch zum Verhängnis.

Direkt nach der Ankunft erkundigte ich die Wahnsinnsstadt ein wenig zu Fuss. Ciudad de Panama hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Singapur. Es ist viel sauberer als der Rest des Kontinents, überall ragen Wolkenkratzer in die Höhe und Shopping Malls gibt es an jeder Ecke. Panama-Stadt hat aber auch eine Altstadt zu bieten, doch die fällt leider immer mehr in sich zusammen. Dazu gibt es noch eine „Ur-Altstadt“, von welcher nur die Ruinen übrig sind. Am Nachmittag war dann doch noch Fussball angesagt.

Fussball, Panamá, Liga Panameña de Fútbol, neuer Ground und Länderpunkt
28.08.11 Tauro FC – Chepo FC
3:0 (1:0), ca. 300 Zuschauer, Cancha Luis Ernesto Tapia, Ciudad de Panamá

Da selbst die Spitzenspiele der obersten Spielklasse in Panama nur knapp Zuschauermassen im dreistelligen Bereich anziehen wurde 2009 für die drei Hauptstadtvereine ein kleiner Kunstrasenplatz mit einer Tribüne direkt neben dem Nationalstadion gebaut, der Cancha Luis Ernesto Tapia. 3 Tage zuvor musste Tauro FC in der CONCACAF-Champions League jedoch in der grossen Schüssel antreten.

Das Spiel ist schnell erzählt: 4 Balboas (oder eben USD) Eintritt, ca. 300 Fans und kaum Support. Das interessanteste am Spiel war der Stadionsnack: Huevos de Tortuga, Schildkröteneier. Ich musste natürlich mal probieren, aber ausser der Grösse merkte man kaum einen Unterschied zu den ovalen Dingern des hiesigen Geflügels.

Vom Montag an wurde ich dann plötzlich krank. Schuld war offenbar die Klimaanlage, denn ich war schon der dritte in unserem Schlafsaal. Schwester Anita, eine Schweizerin, pflegte dann auch mich pflichtbewusst, doch so richtig genutzt hatte es bis vor etwa 2 Tagen nichts. Ich war zwar nicht ans Bett gefesselt, hatte aber in den 5 Tagen etwa so viel gegessen wie sonst an einem Tag. Daniel, der Besitzer des Hostels wollte mich schon mit Verdacht auf Dengue-Fieber ins Krankenhaus bringen lassen, doch dafür waren es die falschen Anzeichen. In Panama ist man übrigens als Tourist automatisch 30 Tage krankenversichert. Dazu hat Daniel eine Krankenversicherung für alle Bewohner des Hostels abgeschlossen. Das nenne ich mal Service.

Trotz allem wollte ich mir den Besuch des Panama-Kanals nicht nehmen lassen. Mit 2 Australiern teilte ich mir ein Taxi zu den Miraflores-Schleusen wo man dann für 8 Balboas die Schleusen und ein Museum besichtigen durfte. Wir hatten Glück und erwischten gerade noch das letzte Schiff des Morgens. Ein sehr interessantes Schauspiel wie die Schleusen die riesigen Schiffe ohne Pumpen auf ein anderes Level heben.

Für die Durchfahrt des 1914 eröffneten Kanals zahlt man übrigens eine gewichtsabhängige Gebühr. Der schwerste Frachter zahlt regelmässig gegen eine halbe Million USD pro Durchfahrt. Die geringste Gebühr zahlte ein Amerikanischer Schwimmer, nämlich 36 Cents.

Nach 4 Nächten in Panama-Stadt hiess es (endlich) Abschied nehmen vom Mittelamerika. Eines kann ich mit Sicherheit sagen: So schnell sieht mich dieser Kontinent nicht wieder. Es war zwar nicht alles schlecht, aber wirklich gefallen hat es mir nur an sehr wenigen Orten. Ausserdem verstehe ich nicht wie die Leute hier Tag für Tag den gleichen Mist essen können (und ich rede nicht von der in Armut lebenden Bevölkerung).

Am Freitag wartete also am Flughafen Panama-Tocumen eine Maschine der COPA Airlines Colombia auf mich. Der Flughafen wurde für 1.25 Balboas mit dem Metrobus erreicht. Dies war übrigens der erste Flug meines Lebens der planmässig nicht zu einer auf 5 Minuten gerundeten Zeit, sondern um 11:44 abhob. Südamerika, ich komme!