Sarajevo, Zenica und Wien.

13 12 2009

Der Besuch beim bosnischen Fussballverband brachte leider nicht die gewünschten Ergebnisse in Form von Eintrittskarten, doch man verwies uns immerhin auf ein Reisebüro namens „Centrotrans“, nur ein paar Schritte die Strasse runter. Ohne grosse Hoffnung betraten wir das Geschäft und siehe da, ohne lange zu zögern wurden uns 5 Eintrittskarten für das wohl wichtigste Spiel in der Geschichte des Landes zum Originalpreis vom 30 KM (15 Euro) verkauft. Die Tickets waren zwar wie erwartet aus dem Restkontingent der Portugiesen (also im Gästeblock), doch das störte uns wenig.

Nun hatten wir Blut geleckt und wollten unser Glück herausfordern. Wäre heute sogar ein Doppler möglich? Zusammen mit der Neuseeländerin Helen organisierten wir nach zähen Verhandlungen ein Taxi, welches uns erst einmal zum Stadion Grbavica in Sarajevo fahren sollte. Bei der Ankunft gaben wir dem Taxifahrer eine Anzahlung und vereinbarten ihn pünktlich zum Spielende wieder vor dem Stadion zu treffen.

Fussball, Bosnien und Herzegowina, U21-EM-Qualifikation, neuer Ground und Länderpunkt
18.11.09 Bosnien und Herzegowina – Wales
2:1 (1:1), ca. 800 Zuschauer, Stadion Grbavica, Sarajevo

Hier, im zweitgrössten Stadion der Stadt und Heimat des N.K. Zeljeznicar Sarajevo wurde zeitgleich mit unserer Ankunft das U21-Länderspiel zwischen Bosnien und Herzegowina und Wales angepfiffen. Der Eintritt war frei und nur gerade etwa 800 Zuschauer fanden den Weg ins sehenswerte Stadion, dessen Markenzeichen die alte Dampflokomotive auf der Gegengerade ist.

Während der Pause stolperten wir per Zufall in den Clubraum der örtlichen Ultragruppierung, wo ein paar der Mitglieder ihr Stadion per Videokameras überwachten. Die beiden Berner unterhielten sich noch lange, während wir uns die zweite Hälfte des Spiels ansahen. Die Gastgeber gewannen dies mit 2:1 und die rund ein Dutzend mitgereisten Waliser konnten enttäuscht die Heimreise antreten.

Während wir uns nach dem Schlusspfiff noch mit etwas Bier eindeckten bog auch schon unser Taxifahrer um die Ecke, und wir quetschten uns für die nächsten 75 Kilometer in das für 6 Personen (mit Fahrer) definitiv zu kleine Auto. Viel zu früh erreichten wir schliesslich Zenica, der Ort an dem das Barrage-Spiel für die WM-Qualifikation in Südafrika stattfinden sollte. Die Bosnier verloren in Lissabon mit 0:1, doch dass dieser Rückstand in der Hölle von Zenica wettgemacht werden konnte war den Einheimischen ohne weiteres zuzutrauen.

Fussball, Bosnien und Herzegowina, WM-Qualifikation Barrage, neuer Ground
18.11.09 Bosnien und Herzegowina – Portugal
0:1 (0:0), ca. 15’000 Zuschauer (ausverkauft), Bilino Polje, Zenica

Direkt beim Aussteigen trauten wir unseren Augen kaum. Rund 10’000 Leute bevölkerten die Gegend um das Stadion. Ein Ticket hatte wohl keiner, denn das Stadion war 2 Stunden vor Anpfiff bereits rappelvoll. Wir begaben uns als auch in den Hexenkessel und fanden uns schliesslich zusammen mit gut 100 Portugiesen in der hintersten Ecke des Gästesektors wieder, umringt von dutzenden Polizisten. Der Rest der Tickets ging wie erwartet an Bosnische Fans.

Die Stimmung war phänomenal, bis zur 56. Minute. Dann nämlich machte Raúl José Trindade Meireles den Traum der Bosnier mit seinem Treffer zum einzigen Tor des Spiels zunichte. Schlagartig leerten sich die Tribünen und vorbei war die ganze Euphorie. Bosnien kam zwar am Ende noch zu guten Chancen, doch es halfen alle Versuche nichts, der Traum der ersten WM-Teilnahme war ausgeträumt. Die erhoffte Party im Anschluss fiel also ins Wasser, und so machten wir uns auf die Suche nach einem Bus für die Heimfahrt.

Die rund einstündige Suche am Busbahnhof (wo hauptäschlich ausgediente Busse aus Österreich und Deutschland herumstanden) blieb aussichtslos. Jeder Winkel des Landes wurde angefahren, nur nicht die Hauptstadt. Es blieb uns nichts anderes übrig als erneut ein Taxi zu nehmen. Die Fahrt wurde durch einen kurzen Zwischenfall auf einem Autobahnzubringer unterbrochen. Bei einem Stau vermochte der Fahrer hinter uns nicht mehr rechtzeitig zu bremsen und prallte in unser Taxi. Verletzt wurde niemand ausser der Golf des Unfallverursachers. Trotzdem rückte die Polizei an, welche sich allerdings wenig dafür interessierte wieviele Personen sich in den Autos befanden. Lange nach Mitternacht erreichten wir schliesslich wieder unsere Unterkunft.

Am nächsten Morgen hiess es Abschied nehmen von den Bernern. Jasmin und seine Frau brachten uns mit dem Auto zum Flughafen Sarajevo, wo wir noch auf die Portugiesische Nationalmannschaft trafen. Es folgte ein kurzes Frühstück, welches für Flughafenverhältnisse geradezu billig war. Eine kleine Propellermaschine der B&H Airlines flog uns schliesslich in die Österreichische Hauptstadt Wien. Etwas schade war das für Sightseeing in Sarajevo kaum Zeit blieb. Die Stadt hätte viel zu bieten.

Da wir beide Wien eigentlich schon zu Genüge kannten beschränkten sich unsere Aktivitäten auf den Besuch der Gräber von Musikgrössen wie Mozart, Beethoven und Falco auf dem Wiener Zentralfriedhof, dem Verzehr eines Schnitzels in einer typischen Wiener Gaststätte, einer durchzechten Nacht im Partyviertel „Bermudadreick“ und natürlich dem Besuch einiger Fussballspiele.

Fussball, Österreich, 1. Liga, neuer Ground
20.11.09 First Vienna FC – FK Austria Wien Amateure
0:2 (0:2), 1’200 Zuschauer, Stadion Hohe Warte, Wien

Den Anfang machte das kleine Wiener Derby zwischen dem First Vienna FC und der Zweitvertretung der Wiener Austria auf der Hohen Warte, dem ehemaligen Nationalstadion Östereichs. Das ehemals modernste Stadion Kontinentaleuropas fasste zu Spitzenzeiten über 80’000 Zuschauer. Zum heutigen Derby kamen gerade mal deren 1’200. Das Spiel war unterhaltsam und auch die Fanszene des First Vienna FC vermochte einige positive Akzente zu setzen.

Fussball, Österreich, Wiener Liga, neuer Ground
21.11.09 Rennweger SV – SV Gerasdorf / Stammersdorf
2:2 (2:0), 200 Zuschauer, Sportplatz Grasbergergasse, Wien

Am Samstag trafen wir uns mit Flo, einem Mitglied der Ultras Rapid, auf dem Sportplatz in der Grasbergergasse, wo wir während des Wienerligaspiels zwischen dem Rennweger SV und dem SV Gerasdorf / Stammersdorf ein wenig plauderten. Flo war schon ganz nervös wegen dem anstehenden Deryb am Sonntag. Zur zweiten Halbzeit verabschiedete er sich um sich das Abschlusstraining in Hütteldorf anzuschauen.

Fussball, Österreich, Bundesliga
21.11.09 SC Wiener Neustadt – LASK Linz
Das Spiel musste kurz vor Beginn wegen starkem Nebel abgesagt werden.

Wir fuhren nach dem Spiel ohne Umwege nach Wiener Neustadt. Ziel des heutigen Abend war es (zumindest für mich) endlich wieder die Österreichische Bundesliga zu komplettieren. Als wir aber vor dem Stadion standen mussten wir enttäuscht feststellen dass das Spiel wegen Nebel abgesagt wurde. Der Nebel war so dicht dass an Fussball in der Tat nicht zu denken war. Wir trafen noch auf RS-Krusty und ein paar andere Münchner Hopper und traten sogleich die Rückreise an.

Am Westbahnhof angekommen holte ich mein Gepäck, verabschiedete mich von David und fuhr mit dem Nachtzug „Wiener Walzer“ zurück in die Schweiz. David setzte seine Reise am nächsten Morgen in Richtung München fort um sich das Spiel des FC Bayern anzuschauen. Eine nette Woche Urlaub fand also ihr Ende. Ausser der Spielabsage ganz zum Schluss klappte alles wie am Schnürchen und 2 neue Länderpunkte konnten auch verbucht werden. Balkan, wir kommen wieder.



Über Mostar nach Sarajevo.

2 12 2009

Nach einem halben Tag in mehreren Kleinbussen erreichten wir gegen Abend schliesslich Mostar, die grösste Stadt der Herzegowina. Am Busbahnhof angekommen machten sich Lukas und Kevin gleich auf die Suche nach einer kostengünstigen Unterkunft, von denen es hier mehr als genug gibt. David und ich zogen es vor uns wenigstens einmal in diesem Urlaub etwas Luxus zu gönnen und checkten im vermutlich schönsten Hotel der Stadt, mitten im Labyrinth unzähliger Flüsse, Brücken und Gassen ein.

Am Abend gönnten wir uns ein ausgiebiges Nachtessen. Das Lokal war zwar sehr angenehm, doch das Essen konnte unseren Gaumen nicht allzusehr entzücken. Nach einem Schlummertrunk ging es schliesslich früh zu Bett.

Nach dem ausgiebigen Frühstück im Hotel trafen wir uns wieder mit den Anderen umd die wunderschöne Altstadt zu besichtigen. Mostar ist wirklich eine Perle, insbesondere wenn man denkt dass die gesamte Stadt 1993 während des Jugoslawien-Kriegs zerstört wurde. Stellenweise trifft man noch auf zerbombte Häuser oder Einschusslöcher in den Fassaden, doch der grösste Teil erstrahlt wieder in neuem Glanz.

Auf der anderen Seite der Neretva lernten wir Alen kennen, einen Reiseführer, welcher uns für wenig Geld mit seinem klapprigen Volkswagen nach Blagaj fuhr. Hier bestaunten wir die Quelle der Buna, welche pro Sekunde 43’000 Liter Wasser ans Tageslicht befördert. Während des Mittagessen am Fluss (welches dieses Mal sehr lecker war) erzählte uns Alen viele interessante Geschichten aus seiner Heimat, über den Krieg und über den Bosnischen Fussball. Er selbst studierte und spielte in Aachen und stand unter anderem auch für die Alemannia auf dem Platz.

Nach dem Essen verabschiedeten wir uns von Alen und schlenderten vom zweitgrössten Fussballstadion des Landes zurück Richtung Altstadt. Nachdem wir unsere Rucksäcke geholt hatten ging es zurück Richtung Bahnhof, von wo aus uns der Zug binnen zweieinhalb Stunden in die Hauptstadt Sarajevo brachte.Kurz bevor wir in Sarajevo ankamen rief ich ins vorher gebuchte Hostel an, um den kostenlosen Abholservice zu nutzen. Pünktlich stand Jasmin, der Besitzer des Hostels auf dem Bahnhofplatz, um uns mit seinem winzigen Fiat Uno ins Hostel zu fahren.

Da unser Hauptziel in Sarajevo der Erwerb von Eintrittskarten für das seit Wochen ausverkaufte Barrage-Spiel Bosnien-Herzegowina gegen Portugal war freuten wir uns natürlich dass wir das Hotel mit 4 Portugiesen teilten. Wir sprachen sie natürlich sofort auf unser Anliegen an, unsd man versprach uns am nächsten noch einmal den örtlichen Fussballverband aufzusuchen.