Venezuela: Puerto Cabello und Isla Larga.

20 09 2011

Am Donnerstag wurde Caracas schliesslich für ein paar Tage verlassen. Ziel war die Hafenstadt Puerto Cabello, wo wir Gleners Verwandtschaft besuchen wollten. Leider war das Timing nicht optimal, weshalb wir erst eine Stunde auf den Bus warten mussten, ehe wir aufgrund des Verkehrs doppelt solange wie geplant im Bus sassen. In Valencia erwischten wir gerade noch den letzten Bus nach Puerto Cabello. In Venezuela passen schon mal 60 Leute in einen 32er-Bus…

Beim riesigen Haus von Gleners Verwandten wurde die Türe gleich wieder von einer bildhübschen Cousine geöffnet. Uns wurden die Betten zugewiesen und schon war wieder Morgen.

Nach dem Frühstück fuhren wir zum Strand. Gleners Onkel ist Taxifahrer und stellte uns seine Dienste während des gesamten Aufenthaltes kostenlos zur Verfügung. Lediglich eine Flasche Cerveza nahm er gelegentlich an. Der Strand war allerdings eher enttäuschend. Dies wusste Glener, weshalb wir Minuten später in der kleinen Fähre zur Isla Larga sassen (Fähre und Nationalparkgebühr 25 BsF).Die „lange Insel“ ist kleines ein Paradies. Glasklares Wasser, ein kleiner, von Bäumen gesäumter Strand und schattige Liegeplätze soviel man will. Der einzige Nachteil sind die vielen Ameisen, doch die meiste Zeit ist man eh im Wasser.

Der Strand hat uns so gut gefallen dass wir am nächsten Tag gleich nochmals hin fuhren. Beim ersten Besuch wurden wir nämlich von einem Gewitter vertrieben. Zufluchtsort war die Kneipe an Land. Hier gab es lecker Cerveza zu normalen Preisen und ein Taxifahrer berieselte den Strand mit seiner Soundanlage im Kofferraum während die Mädels dazu Salsa tanzten.

Abends sass die ganze Strasse wie in Venezuela üblich vor ihren Häusern und trank zu lauter Reggaeton-Musik Bier und andere undefinierbare Durstlöscher. Mit meinen blonden Haaren war ich natürlich der Star in der Strasse und vor allem die Kinder wollten alle ein Foto mit mir machen. Was sie aber davon haben wenn das Foto auf meiner Kamera ist weiss ich bis heute nicht.

Am Samstag kam dann noch einmal eine ganze Schar von Gleners Verwandten zu Besuch. Nach einem Bummel durch die nicht sehr sehenswerte Stadt und entlang dem Malecón (Hafenpromenade) versuchte Gleners Tante mich regelrecht abzufüllen. Doch bei den kleinen und leichten Polar-Bieren gelang ihr das nicht annähernd. Gegen 15:00 musste ich Glener dazu zwingen dass wir zurück nach Caracas fahren, schliesslich musste ich noch Wäsche waschen, ein Hostel buchen und diesen Blog hier zu Ende schreiben.

Letzteres gelang mir dann doch nicht mehr ganz, denn momentan sitze ich bereits in einer Maschine der Aerolineas Argentinas irgendwo über dem Amazonas.Der Flughafen in Caracas ist übrigens der mieseste den ich je gesehen habe. Nicht wegen der Infrastruktur, sondern wegen dem Service. Den Airport erreichte ich innert Rekordzeit, doch der Check-In dauerte ewig. Innert 2 Stunden schafften es die Tratschtanten am Schalter gerade mal 30 Passagiere einzuchecken. Als die Zollkontrolle dann nochmals solange hätte dauern sollen und mein Flieger schon bereit zum Boarding war drängte ich mich eben in die Schlange für Diplomatenpässe. Andere Personen welche hätten mitfliegen sollen kamen nicht auf diese Idee, weshalb ihr Gepäck schliesslich wieder ausgeladen wurde. Für diesen miserablen Service kassiert der Flughafen übrigens noch 190 BsF. Bolivar zurückwechseln kann man auch nicht mehr, die Venezuelaner wollen nur Dollars sehen.

Ich verlasse die bolivarische Republik also mit gemischten Gefühlen und freue mich auf die heissblütigen Fussballfans, leckeres Rindfleisch und ein Wiedersehen mit meinen 3 (Ex-) Arbeitskollegen David, Marco und Martin in Argentinien.



Venezuela: Caracas und Umgebung.

18 09 2011

Was hatte ich nicht alles für Vorurteile über Venezuela gehört: Kriminalität, Armut, miserabler Wechselkurs, gefährlicher Strassenverkehr, schlechtes Essen… Und jedes einzelne davon kann ich bestätigen! Trotzdem hat mir der Aufenthalt im Norden Südamerikas überraschend gut gefallen.

Dies lag nicht zuletzt an meinem Freund Glener. Ihn hatte ich kurz nach meiner ersten Weltreise in einem Hostel in Madrid kennengelernt. Damals konnte ich kaum spanisch und er kaum englisch, weshalb wir uns gegenseitig ein paar Brocken der jeweiligen Sprache beibrachten. Wie so oft versprach ich ihn sobald ich in Südamerika sei zu besuchen. Und dieses Versprechen habe ich nun eingelöst.

Von Cartagena flog ich also zuerst mit Avianca nach Bogotá, wo ich wegen Bauarbeiten kaum Zeit zum Umsteigen hatte. Leider hatte ich somit auch keine Zeit zum Geldwechseln, doch dazu später. Mit derselben Airline wurde schliesslich Caracas angesteuert. Avianca bietet übrigens selbst auf Inlandflügen unter einer Stunde das komplette Bordunterhaltungsprogramm im eigenen Sitz und auch kostenlose alkoholische Getränke. Dazu gibt es Lufthansa-Meilen.

In Caracas angekommen gab es wieder einmal einen Stempel auf einer bereits gefüllten Seite des Passes ehe ich Glener endlich begrüssen konnte. Gemeinsam fuhren wir mit dem Flughafenbus (25 BsF) innert rund einer Stunde ins Zentrum.

Die Bolívares Fuertes existieren erst seit ein paar Jahren. Damals wurden beim Bolívar 3 Nullen gestrichen um die Währung aufzuwerten. Wenige alte Münzen sind noch im Umlauf, Noten habe ich bisher keine gesehen. Der Wechselkurs zum US-Dollar wurde von der Regierung Chavez auf 4.3 BsF festgelegt. Diesen Kurs bekommt man an allen Geldautomaten und Wechselstuben. Parallel existiert aber ein Schwarzmarkt, auf dem man fast das Doppelte kriegt! Aus diesem Grund hatte ich eben in Kolumbien noch Pesos in US-Dollar wechseln wollen. Für meine wenigen verbliebenen USD bekam ich 8.3 BsF, für die Pesos leider viel weniger.

Glener wohnt in einer Gegend welche man schon fast als Slum bezeichnen könnte, doch die Wohnung seiner Familie ist ganz ordentlich. Gleich wurde ich von seiner Mutter, seinen hübschen Cousinen und deren Ehemännern samt Kindern in Empfang genommen. Ich bekam mein eigenes Bett und auch Hunger muss ich dank Gleners Mama niemals leiden. Nur das Toilettenpapier suchte ich in der ersten Nacht vergebens.

Fussball, Venezuela, Primera División Venezolana, neuer Ground und Länderpunkt
09.09.11 Real Esppor Club – Trujillanos FC
1:1 (0:1), ca. 500 Zuschauer, Estadio Brígido Iriarte, Caracas

Keine 5 Stunden nach meiner Ankunft sass ich bereits im Fussballstadion. Das Estadio Brigido Iriarte konnte sich sehen lassen, die Zuschauerzahl hingegen nicht. Fussball interessiert in Venezuela niemanden, Baseball dafür umsomehr Leute. Trotzdem sind die Preise für ein Spiel der obersten Liga ganz schön happig. 80 BsF bezahlte ich für die Eintrittskarte, und da ich zuvor meine Begleiter eingeladen hatte konnte ich den Betrag gleich 3 mal berappen.

Das Spiel, welches ohne ersichtlichen Grund von Sonntagnachmittag auf Freitagnachmittag verschoben wurde konnte dann doch erst unter Flutlicht angepfiffen werden. Grund war der heftiger Regen zuvor, weshalb das Spielfeld erst vom Wasser befreit werden musste. Während der Partie hatte ich heftig damit zu kämpfen nicht einzuschlafen. Soviel zu der Attraktivität der Begegnung.

Ohne Begleitung ist Caracas, die Hauptstadt Venzuelas ein sehr heisses Pflaster. Deshalb ging ich so gut wie nie alleine irgendwohin, das hätte Glener nie zugelassen. Zurecht: Eines Tages sassen wir im Stadtbus als 3 verdächtig aussehende Männer das Gefährt betraten. Glener packte mich und als wir draussen waren sahen wir wie der Busfahrer um seine Tageseinnahmen erleichtert wurde.

In Caracas gibt es aber auch sehr schöne Orte zu sehen. Fast an jeder Metrostation gibt es einen prunkvollen Hauptplatz, meist mit einem Brunnen. Die Innenstadt wurde zur sicheren Fussgängerzone erklärt, welche von dutzenden, manchmal sogar deutschsprechenden Sicherheitskräften bewacht wird. Hier besuchten wir das Geburtshaus des in Venezuela vergötterten Freiheitskämpfer Simon Bolivar, welcher oft nur „El Libertador“ genannt wird. Daneben gab es ein Museum. Wieso der ach so geliebte Befreier letztes Jahr exhumiert wurde weiss allerdings niemand so genau.

An einem schönen Abend besuchten wir das Viertel El Hatillo, welches mit schicken Restaurants, edlen Kaffeehäusern und Souvenirläden aufwartetet. Ein Besuch dort lohnt sich allemal, auch wenn das Preisniveau etwas höher ist. Auch eine der zahlreichen Malls gibt es hier.

Eigentlich wollten wir den Pico El Avilá mit seinen 2‘105 Metern zu Fuss erklimmen, doch auch hier spielte der Regen einmal mehr Spielverderber. So besorgten wir uns Tickets für die Seilbahn aus österreichisch/schweizerischer Co-Produktion, welche uns für 35 BsF innert 18 Minuten auf den Gipfel brachte. Auf dem Gipfel herrschten schon fast winterliche Verhältnisse. Es war neblig, feucht und kühl, so dass die Eisbahn gar nicht so fehl am Platz war. Lustig war es allemal den Einheimischen beim „Eislaufen“ zuzusehen. In Wirklichkeiten hielten sie sich nur am Geländer fest und liefen so mehrmals im Rink herum.Am Ende eines Pfades der an die Chinesische Mauer erinnerte stand das ehemalige Luxushotel Humboldt, welches nach dem deutschen Weltreisenden benannt wurde, der diesen Gipfel erklommen hatte. Heute ist es allerdings nicht mehr in Betrieb, wir aber von den Einheimischen gerne als Fotomotiv verwendet. Der Weg dahin ist gesäumt mit Marktständen, welche vorwiegend heisse Schokolade und Erdbeeren mit Rahm anbieten.

Nach einem Ruhetag fuhren wir innert gut 2 Stunden nach Deutschland. Genauer in die Colonia Tovar, einer Kolonie, welche 1943 von deutschen Auswanderern aus der Gegend um den Kaiserstuhl gegründet wurde. Die Kolonie, inzwischen eine Touristenattraktion, besteht vor allem aus Hotels welche Namen wie Frankfurt, Heidelberg, Düsseldorf oder Schwarzwald tragen. Daneben gibt es beispielsweise das Bäcker-Café, die Kneipe Zu Hause und das Restaurant Muhstall, in welchem wir uns eine leckere Wurst mit Kartoffel- und Krautsalat gönnten. Dies übrigens zu fairen Preisen.