Ein langes Wochenende in der Türkei: Istanbul und Ankara.
25 10 2015Meine letzte Auslandreise bevor das Arbeitsleben wieder beginnt sollte mich in die Türkei führen. Das letzte und bisher einzige Mal war ich vor etwa 4 Jahren dort. Am frühen Morgen traf ich mich mit meiner Begleitung am Gate in Zürich, wo der Vogel von Turkish Airlines bereits etwas Verspätung hatte. Die Beinfreiheit und das Essen erreichten jedoch ein Level mit dem andere Airlines nicht einmal auf der Langstrecke mithalten können. Zudem kostete der Hinflug lediglich 67 CHF.
In Istanbul angekommen holten wir uns erst einmal die neue Istanbul Card. Es handelt sich dabei um eine aufladbare Karte mit der man sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel massiv günstiger benutzen kann. Und wir hatten ja vor viel zu fahren. Vom Flughafen Atatürk gelangten wir mit der Metro in die Innenstadt, wo wir unser günstiges und zentrales Hotel bezogen. Das Zimmer war jetzt nicht gerade der Hit, doch es war sauber und die Vermieter freundlich.
Fussball, Türkei, Süper Lig, neuer Ground
18.09.15 Istanbul Başakşehir FK – Akhisar Belediye GS
2:0 (1:0), 1’458 Zuschauer, Başakşehir Fatih Terim Stadyumu, Istanbul
Nachdem wir den ersten Tee und etwas türkische Süssigkeiten dankend angenommen hatten mussten wir zügig wieder Richtung Flughafen, genauer in das neu aus dem Boden gestampfte Viertel Başakşehir. Hier im brandneuen Fatih Terim Stadyumu spielt der aus der Betriebsmannschaft der Istanbuler Stadtverwaltung hervorgegangene Retortenverein vor meist leeren Rängen.
Wenn man sich in der Türkei ein Fussballspiel ansehen möchte braucht man seit einiger Zeit eine Karte namens Passolig. Es handelt sich dabei (in der Form für Ausländer) um eine Prepay-Kreditkarte, die wir etwa 3 Wochen vorher beantragt hatten. Kostenpunkt: 16 Türkische Lira pro Jahr ( 1 CHF = ca 3 TRY). Hält man diese erst einmal in den Händen kann man sich jedes Ticket online direkt auf die Karte laden. Doch erst mussten wir sie mal in den Händen halten.
Zu unserer Überraschung lagen unsere Karten tatsächlich im Büro am Stadion und man aktivierte uns diese auch gleich. Etwas überrascht waren wir über die Eintrittspreise: Billigster Platz 5 TRY, teurster Platz 10 TRY). Wir liessen uns natürlich nicht lumpen und nahmen auf der Haupttribüne Platz.
Das Stadion ist obwohl es sich um eine neue Arena handelt wirklich schön, schade bleibt es meistens leer. Von den wenigen Heimfans war genausowenig zu hören wie von den rund 25 mitgereisten Suportern aus der Westtürkei. Die Verpflegungspreise im Stadion waren ebenfalls sehr fair und da es doch schon recht kühl war freuten wir uns dass der Tee richtig gut und heiß war.
Auf der Suche nach einem Bierchen um den Abend abzuschliessen mussten wir feststellen dass inzwischen fast ganz Istanbul trockengelegt ist. Es gibt kaum noch Kneipen die Alkohol verkaufen und wenn dann zu massiv überhöhten Preisen. Premierminister Erdogan hat die Steuern für Alkohol auf 60% angehoben. Neben unserem Hotel fanden wir dann doch einen kleinen Laden der (illegalerweise) auch nach 22:00 Uhr noch Bier verkaufte, und so liessen wir den Abend zusammen mit einem in Holland lebenden Türken auf den Stühlen vor dem Hotel ausklingen.
Fussball, Türkei, 2. Lig Kirmizi, neuer Ground
19.09.15 Fatih Karagümrük SK – Aydinspor 1923
1:0 (0:0), ca. 300 Zuschauer, Vefa Stadyumu, Istanbul
Das Spiel fand offiziell unter Auschluss der Öffentlichkeit statt.
Nach etwas Sightseeing war am nächsten Tag eigentlich nur ein Drittligaspiel angesagt. Dort machten wir uns überhaupt keine Sorgen um die Ticketsituation. Das Vefa-Stadion war zu Fuss vom Hotel auch gut erreichbar. Blöd in die Röhre guckten wir dann, als man uns erklärte dass es sich heute um ein Geisterspiel handle. Mich liess man gleich von Anfang an mit dem notfallmässig gezückten Ausweis rein, nur um mich noch vor Spielbeginn wieder herauszuholen. Keiner wusste so recht was man mit den Schweizern machen soll, und so liess man uns am Ende doch vom Spielfeldrand zusehen. Auf der Gegenseite waren auch etwa 100 Fans des Heimteams durch Gebäude ins Stadion gelangt und supporteten auf einer Anhöhe, was sicher nicht ungefährlich war.
Am dritten Tag in der wunderschönen Bosporusmetropole gönnten wir uns eine Rundfahrt auf eben jener Meerenge zwischen Asien und Europa die das Marmarameer und das Schwarze Meer verbindet. Leider war die rund 90minütige Fahrt alles andere als spannend und wir freuten uns die weiteren 2 mal 90 Minuten wieder in Fussballstadien verbringen zu dürfen. An jenem Morgen liess ich mir in der Strasse vor unserem Hotel auch noch die Haare schneiden und gönnte mir eine türkische Rasur. Gerade mal 20 TYL kostete mich der Spass.
Bevor wir zum ersten Spiel auf dem asiatischen Teil fuhren besuchten wir eine Friedenskundgebung nahe des Aksaray-Platzes. Da die Demo zeitgleich mit dem geplanten Spiel startete konnten wir nur beobachten wie tausende Menschen mit Flaggen und Spruchbändern durch die Strassen zogen. Mit der neuen Marmaray-Metro ging es schliesslich unter dem Bosporus hindurch auf den asiatischen Kontinent. Der Fahrpreis war kaum der Rede wert. Das angestrebte Stadion liegt zwar direkt neben einer Metrostation, doch leider ist diese Linie noch nicht in Betrieb, weshalb wir zu Fuss noch kanpp 2 Kilometer zurücklegen mussten.
Fussball, Türkei, U21 Süper Lig, neuer Ground
20.09.15 Fenerbahçe SK – Bursaspor
2:3 (2:0), ca. 100 Zuschauer, Maltepe Hasan Polat Stadyumu, Istanbul
Am Maltepe Hasan Polat Stadyumu angekommen mussten wir erst den Eingang finden. Es war nur eine Türe geöffnet. Hier wurden wir freundlich durchsucht und durften ohne Eintritt zu zahlen auf der Haupttribüne nehmen. Angesagt war heute der Kracher Fenerbahçe SK – Bursaspor, allerdings vor gerade mal 100 Zuschauern. Es handelte sich natürlich nur um die U21-Vertretungen der beiden Topteams. Das Spiel war allerdings an Dramatik kaum zu überbieten, gaben die Hausherren den sicher geglaubten Sieg am Ende doch noch aus der Hand. Ob es daran lag dass die Gäste in der Halbzeitpause die Trikots wechselten?
Fussball, Türkei, Süper Lig, neuer Ground
20.09.15 Fenerbahçe SK – Bursaspor
2:1 (1:0), 30’529 Zuschauer, Şükrü Saracoglu Stadyumu, Istanbul
Nun ging es gleich weiter zum mächtigen Şükrü Saracoglu Stadyumu, der Heimstätte von Fenerbahçe, einem der populärsten Clubs der Türkei. Trotz Passolig hatten wir noch kein Ticket, da uns beim ersten Spiel von offizieller Seite versichert wurde dies gäbe es am Spieltag zu kaufen. Pustekuchen! Zwar war das Stadion nicht ausverkauft (aber sehr gut gefüllt), jedoch gab es lediglich Karten über die Schwarzhändler, welche aber nicht gross Gewinn machen, sondern einfach überzählige Tickets von Freunden zum leicht erhöhten Preis verkaufen. Der Schwarzmarkt funktioniert übrigens auch mit Passolig ganz gut, man muss sich allerdings den Eingang merken da man ja kein physisches Ticket bekommt.
Die Stimmung im Stadion war erste Sahne! Es war richtig laut und vor allem der sehr parteiische Spielleiter brachte die Menge zum Toben. Lange sah es nach einem Unentschieden aus, ehe ein gewisser Robin van Persie eingewechselt wurde und innert Minuten für den Siegtreffer sorgte. Die Fans waren aus dem Häuschen.
Vom nächsten Tag an war ich alleine unterwegs. Für mich ging es weiter nach Ankara, der Hauptstadt der Türkei. Gerade mal 20 CHF hatte mich der Flug vom asiatischen Flughafen Sabiha Gökçen in die Beamtenstadt gekostet. Ausführende Airline war der türkische Billigflieger Pegasus Airlines. You get what you pay, aber immer noch besser als sein Pendant aus Irland.
Der Shuttlebus brachte mich für wenige Lira in die Innenstadt, wo ich schnell mein Hotel fand. Ein richtiges Schnäppchen, sauber, modern und zentral. Kostenpunkt: 20 CHF! Frühstück wäre auch dabei gewesen, doch auf das musste ich wegen der frühen Abreise verzichten.
Nach einem kleinen Stadtbummel (Ankara bietet nicht viel) schlenderte ich der Bahnlinie entlang zum Bahnhof, neben dem sich auch gleich das Stadion befindet. An einem kleinen Park an der Bahnhofskreuzung schoss ich ein Foto, ohne zu wissen dass genau an dieser Stelle nur drei Wochen später 102 Menschen den Tod finden würden. Während einer Demonstration, ähnlich jener in Istanbul sprengten sich zwei Selbstmordattentäter in einer Menschenmenge in die Luft. Es handelte sich um den schwersten Terroranschlag in der Geschichte der Türkei.
Fussball, Türkei, Süper Lig, neuer Ground
21.09.15 Gençlerbirligi SK – Beşiktaş JK
1:1 (1:0), 7’802 Zuschauer, 19 Mayis Stadyumu, Ankara
Nun war das letzte Spiel der Tour angesagt. Das Ticket hatte ich mir dieses Mal online besorgt, was ganz einfach geht. Und auch hier gab es lange Schlangen vor dem Passolig-Schalter. Das Heimteam Gençlerbirligi SK spielt in der Regel nur vor wenigen tausend Zuschauern, doch da an jenem Abend Beşiktaş JK aus Istanbul zu Gast war wurden die Tribünen von den Gästefans gefüllt. Die offizielle Zuschauerzahl lag bei knapp 8’000, ich hätte aber etwa das doppelte geschätzt. Das Stadion war auch sehenswert, ein schöner alter Rosthaufen, ganz nach meinem Gusto.
Da ich leider auf der den Beşiktaş -Fans entgegengesetzten Hintertortribüne sass hatte ich zwar eine guten Blick auf diese, doch kam die Stimmung akkustisch leider kaum rüber, unter anderem da sich auch noch eine Laufbahn ums Spielfeld zog. Das Spiel endete 1:1-Unentschieden und für mich neigte sich ein gelungener Türkei-Ausflug dem Ende zu.
Mit dem vorher erwähnten Low Cost Carrier ging es via Istanbul zurück nach Zürich. Gerade mal 200 CHF hatten mich die 4 Flüge zusammen gekostet. Trotz Passolig ist der Fussball in der Türkei immer noch eine Reise wert und ich werde bestimmt wiederkommen, auch wenn die Sicherheitslage sich inzwischen etwas geändert hat. Leider gab es an keinem der Spiele auch nur ein Bisschen Pyro zu bestaunen, stattdessen fuchteln die türkischen Fans inzwischen gerne mit ihren leuchtenden Smartphones herum, was aber definitiv nicht denselben Effekt hat.
PS: An alle Nörgler und Besserwisser: Die Schreibweise der Klubs, Stadien und Städte sind manchmal nicht ganz korrekt da der Bloganbieter nicht alle Zeichen verarbeiten kann.