Viel Regen an der Copacabana.

20 10 2011

Am Samstag hiess es Abschied nehmen von Daniel und dem Luxusleben in São Paulo. Vom riesigen Busbahnhof Tiète ging es für 85 BRS weiter nach Rio de Janeiro. Auf die Minute 6 Stunden brauchte der bequeme Bus für diese Strecke. Trotzdem war ich als in Rio ankam so erschöpft dass ich ein Taxi zum Hostel nahm. 51 BRS wollte man beim ersten, 30 BRS dann beim zweiten Taxistand. Als würde er jeden Tag dorthin fahren fand mein Chauffeur mein Hostel am anderen Ende der Stadt.

Die Unterkunft namens Cabana Copa (35 BRS pro Nacht) liegt wie der Name verrät am weltberühmten Strand im Stadtviertel Copacabana. Rund 5 Minuten dauert der Fussmarsch vom Hostel zu dem langen Sandstreifen wo sich normalerweise die braungebrannten Bikinischönheiten tummeln. Mit Betonung auf normalerweise, denn mein Aufenthalt in Rio de Janeiro wurde fast durchgängig durch Regen getrübt.

Im Schlafraum meines Hostels wurde ich plötzlich von einem meiner Mitbewohner angesprochen. Er meinte ich sei doch auch Schweizer, ich müsse der Stecki sein. Ich war verwundert und er offenbarte mir dass er Leser dieses Blogs sei und mich wieder erkannt hatte. Ja, die Welt ist eben doch klein.

Der Morgen lief in Rio jeden Tag gleich ab: Erst wachte ich früh auf weil mein Rücken sich nicht mit den miserablen Betten anfreunden konnte, dann wurde gleich mal das riesige Frühstücksbuffet in Beschlag genommen. Dieses war für ein unabhängiges Hostel einzigartig. Auch wurde nicht jeden Tag dasselbe serviert und die Kuchen und Pancakes waren handgemacht.

Nach der Dusche und dem wichtigsten aus dem weltweiten Web wurde schliesslich die Saftbar an der Ecke aufgesucht, wo es für 4 BRS eine riesige Auswahl an Vitaminbomben gab. Auch Anabolika- und Proteinshakes für die örtlichen Muskelpakete standen auf der Karte.

Fussball, Brasilien Série A, neuer Ground
16.10.11 Botafogo FR – Clube Atlético Paranaense
2:0 (1:0), 24’572 Zuschauer, Estádio Olímpico João Havelange, Rio de Janeiro

Am Sonntag fuhr ich mit Patrick (dem Schweizer) zum Estádio Olímpico João Havelange, welches momentan für mehrere Vereine als Ersatz für das riesige, sich wegen der WM 2014 im Umbau befindende Estádio do Maracanã herhalten muss. Dieses war leicht mit Metro und Vorortszug (Kombikarte 4.20 BRS) erreichbar. An den Kassen gab es noch massenhaft Eintrittskarten zum Preis von 30 BRS, was wohl in Brasilien der Standard ist. Wir gönnten uns ein paar Cervejas und schon sassen wir auf der Tribüne des angeblich modernsten Stadion Lateinamerikas (denselben Satz hatte ich in Costa Rica auch mal gelesen).

Das Stadion war mit rund 24‘000 Zuschauern etwa zur Hälfte gefüllt. Von den Gästen war kaum jemand zu sehen. Die Stimmung hielt sich nicht zuletzt aufgrund des Regens im Rahmen. Botafogo, eines der 4 grossen Teams aus der Stadt am Zuckerhut konnte die Partie schliesslich mit 2:0 für sich entscheiden.

Der Montag wurde mehrheitlich damit verbracht das Viertel Copacabana auszukundschaften und später die süsse chilenische Bardame Paz im Hostel zu unterhalten. Schliesslich regnete es wieder mal und die meisten Gäste sassen oben im Fernsehraum. Dort kam es übrigens ab und zu vor dass man Besuch von den winzigen Äffchen des angrenzenden Parks Besuch bekam. Insbesondere wenn man etwas zu Essen hatte konnte man des Affen bester Freund werden.

Am Dienstag hatte Petrus dann endlich Erbarmen mit mir. Vielleicht weil ich vorhatte einen seiner Mitbewohner zu besuchen. Mit dem Bus 583 (2.60 BRS) fuhr ich nämlich zum Corcovada, dem hohen Hügel auf welche die riesige Christus-Statue (Cristo Redentor) steht. An der Talstation redeten dutzende Taxifahrer auf mich ein, denn man kann auch mit dem Auto bis ganz nach oben fahren. Hier muss man vorsichtig sein, da man oben trotzdem noch Eintritt zahlen muss.

Ich zog es vor mit der nostalgischen Zahnradbahn den Gipfel zu erklimmen. Für 43 BRS erstand ich ein Ticket für die rund 20-minütige Fahrt inklusive dem Eintritt. Dann stand sie vor mir, die riesige Statue des angeblichen Erlösers (Kirche ist ja nicht so mein Ding). Ich muss sagen, das Teil sieht schon gewaltig aus. Zwischen 2000 und 2003, also ungefähr 100 Jahre nach dem Bau wurde die ganze Anlage generalsaniert, wovon allerdings schon wieder nicht mehr viel zu sehen ist. Nur die Statue selber sieht aus als hätte man sie eben erst hingestellt.

Noch eindrucksvoller ist aber die Aussicht welche man über Rio hat. Man hat einen tollen Blick über Copacabana, Ipanema, den Jockey Club, das Estádio do Maracanã und natürlich auf den Zuckerhut, den zweiten berühmten Berg Rios. Überraschenderweise konnte ich von oben gerade mal 2 Fussballstadien ausmachen, der Rest scheint wohl gut versteckt oder weiter ausserhalb zu liegen.

Der Abend wurde wieder mit Paz verbracht und da die Bar um 22:30 schloss wurde zu Schweizer Zeit auf meinen Geburtstag angestossen (den letzten vor der grossen 3). Man muss auch mal flexibel sein. Das brasilianische Bier ist übrigens höchstens Durchschnitt, doch wo auf der Welt gibt es besseren Caipirinha (und dazu noch in so vielen Ausführungen)?

Am Mittwoch musste ich um Mittag auschecken und fuhr noch einmal etwas stadteinwärts, nämlich nach Botafogo. Hier gibt es eine kleine Strandpromenade und ein riesiges Shoppingcenter. Anschliessend wurde den Äffchen tschüss gesagt und schon sass ich im Bus zum Flughafen, mit welchem man sich für 9 BRS durch den Feierabendverkehr quälen durfte.

Nun sitze ich im Terminal 1 des Internationalen Flughafens Galeão und warte auf meine Maschine der Billigairline Gol. Gol scheint im fussballverückten Brasilien übrigens eine beliebte Bezeichnung für Produkte und Einrichtungen zu sein. Unzählige Bars und Imbissbuden tragen den Namen und statt des Volkswagen Golf verkauft man hier ein bei uns nicht erhältliches Modell welches eben diesen Namen trägt.

So, das wars aus Rio de Janeiro. Nun geht’s weiter zur vorläufig letzten Station vor dem Heimflug. Da auch dieser Ort für seine Strände berühmt ist hoffe ich dort etwas mehr Wetterglück zu haben. Doch auch dann müsst Ihr nicht auf die Berichte hier verzichten, die Reise geht ja noch rund 5 Monate weiter.



Couchsurfing deluxe in São Paulo.

15 10 2011

Nach einem weiteren Flug mit der fürchterlichen Fluglinie Aerolineas Argentinas war ich schliesslich im letzten Land der ersten Hälfte meiner Weltreise angekommen. Vor mir lag das riesige Brasilien, genauer die 20-Millionen-Metropole São Paulo. Da ich meinen Kollegen Daniel noch nicht erreichen konnte quartierte ich mich für die ersten beiden Nächte im Durchschnittshostel Casa Club im trendigen Viertel Villa Madalena ein. Da die Karte im Lonely Planet einmal mehr total unbrauchbar war wurde das Viertel gleich bei der Suche nach dem Hostel ausgiebig zu Fuss erkundet.

Vom ersten Abend hatte ich nicht viel, sank ich doch schon um 20:00 in das unbequeme Bett. Dies nachdem ich mir ein Abendessen aus dem Supermarkt zubereitet hatte der denjenigen in der Schweiz preislich in nichts nachsteht.

Am Dienstag wurde dann erst einmal das leckere Frühstück im Hostel getestet, etwas mit der hübschen Rezeptionistin geflirtet und kurz darauf das Zentrum erkundet. Dieses ist nun wirklich nicht sehenswert. Zwischen Ruinen und hässlichen Betonklötzen findet sich ab und zu mal ein schönes, historisches Gebäude, der Rest ist einfach nur hässlich.

Fussball, Brasilien, Série B, neuer Ground und Länderpunkt
11.10.11 Associação Portuguesa de Desportos – Boa Esporte Clube
1:1 (1:1), ca. 10’000 Zuschauer, Estádio Dr. Oswaldo Teixeira Duarte, São Paulo

Am Abend machte ich mich auf zur Busstation Rodoviaria Tietê, allerdings nicht um irgendwo hinzufahren. Nachdem ich nämlich die 12(!)-spurige Autobahn und den dazwischenliegenden Kanal überquert hatte stand ich vor dem Estádio Dr. Oswaldo Teixeira Duarte, der Heimat des Zweitligisten Portuguesa. Die Eintrittskarte für das Spiel kostete mich 20 Real (1 CHF = ca. 1.94 Real). Das Stadion war mit rund 10‘000 Zuschauer zumindest auf einer Seite ganz gut gefüllt (in der Pause wechselten die Fans übrigens die Seite). Die Gäste von Boa Esporte Clube waren mit rund 30 Mann vertreten. Die Stimmung war ganz ordentlich und das Spiel war technisch etwas vom Besten das ich seit langem gesehen habe. 1:1 war schliesslich auch ein gerechtes Endergebnis.

Nach dem Spiel fuhr ich unter anderem mit der noch nicht fertiggestellten gelben Metrolinie (2.90 pro Fahrt) zur Station Faria Lima, wo mich mein Kollege Daniel abholte. Daniel hatte ich vor 2 Jahren in Salzburg kennengelernt. Was ich damals nicht wusste: Daniel ist einer der höchsten Militärpolizisten der Stadt und Kommandant von 6 Stadtvierteln. Die nächsten Tage war also Couchsurfing deluxe angesagt.

Als erstes ging es in eine der teuersten Bars der Stadt. Seine Luxuskarrosse wurde vom Parkdienst übernommen und die Getränke und der Mitternachtssnack gingen wie in allen Bars in den kommenden Tagen aufs Haus, da Daniel wirklich jeden in der Gegend kannte. Ich erzählte ihm dass ich am nächsten Tag zum Corinthians-Spiel fahren wollte. Er meinte dass dieses zwar ausverkauft sei, aber er bestimmt noch Tickets bekommen würde.

Fussball, Brasilien, Série A, neuer Ground
12.10.11 Sport Club Corinthians Paulista – Botafogo FR
0:2 (0:2), ca. 32’450 Zuschauer (ausverkauft), Estádio Municipal Paulo Machado de Carvalho, São Paulo

So trafen wir uns also am nächsten Tag mit 2 weiteren Kollegen von ihm in der Bar an der Ecke und Daniel präsentierte uns die Eintrittskarten: VIP-Tickets auf Einladung des Fussballverbandes von São Paulo. Wir fuhren als zum Stadion (wie sich das für Polizisten gehört natürlich auf der Busspur am Stau vorbei), genossen ein paar Bierchen vor dem Stadion und mischten uns unter die „sehr wichtigen Personen“. Nur wenige Sitze neben uns sass übrigens die wohl bekannteste Person im Stadion, der Weltklasse-Fussballer Ronaldo.

Leider gaben sich die Corinthians nicht allzuviel Mühe und verloren den Spitzenkampf im Ausweichstadion Pacaembu mit 0:2. Da konnte selbst die Einwechslung des Superstars Adriano nichts mehr daran ändern. Die Corinthians blieben aber trotzdem auf der Spitzenposition.

Am Donnerstag war ein ruhiger Tag. Wir schafften es gerade mal in sehenswerte Fussballmuseum, einer 33 Millionen USD teuren Lobeshymne auf den brasilianischen Fussball. Durchaus sehenswert. Am Donnerstag ist der Eintritt jeweils kostenlos, ansonsten 6 Real. Der Abend wurde in einer anderen edlen Bar verbracht. Leider regnete es den ganzen Abend, was Daniel wieder einmal zu einer etwas fragwürdigen Aktion veranlasste. Wir waren rund 500 Meter von seiner Wohnung entfernt und hatten keinen Regenschirm dabei. Nun ja, es gibt Schlimmeres, doch Daniel nahm sein Handy und bestellte einen Streifenwagen, welcher uns schliesslich nach Hause fuhr.

Am Freitag war Mittagessen auf dem grossen und sehr sauberen Mercado Municipal angesagt. Wir probierten ein traditionelles Pastel de Bacalhau, eine Art Krapfen mit Stockfischfüllung. Danach wurden noch einmal die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abgeklappert.Am Abend trafen wir uns wieder mit dem Franzosen Thomas in einer weiteren Bar. Der Manager offerierte und 2 grosse Flaschen Johnny Walker und der Abend nahm seinen Lauf. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen das der letzte Abend in São Paulo wieder mal der beste war…



Heisse Nächte und Tränengas zum Frühstück in Santiago de Chile.

11 10 2011

Für 380 Pesos erstand ich bereits einen Tag vorher ein Busticket nach Santiago, der Hauptstadt von Chile. Vom riesigen Busbahnhof Retiro führte mich die Fahrt im nicht unbequemen Semi-Cama-Bus innert 21 Stunden über die Anden nach Chile. Der Grenzübertritt auf kühler Passhöhe dauerte zwar etwas länger, die folgende Aussicht entschädigte diese Strapazen jedoch postwendend.

In Santiago angekommen fiel mir als erstes die Sauberkeit auf. Die Stadt ist weniger hektisch als Buenos Aires und entgegen allen Behauptungen auch etwas billiger. Da das La Chimba Hostel im Barrio Bellavista ebenfalls zu gefallen wusste entschied ich mich gleich ein paar Tage zu bleiben. Im Hostel traf ich erneut auf meine Mitarbeiter Marco und Martin, welche noch eine Woche auf ihren Flug auf den fünften Kontinent warten mussten.

Fussball, Chile, Primera División, neuer Ground und Länderpunkt
28.09.11 CD Palestino – CD Cobreloa
0:2 (0:1), ca. 800 Zuschauer, Estadio Municipal de La Cisterna, Santiago

Kurz nach der Ankunft war sogleich Fussball angesagt. Am Mittwochnachmittag um 16:00 traf die Palästinensische Mannschaft CD Palestino auf das Team CD Cobreloa. Das Stadion La Cisterna befindet sich weit ausserhalb des Zentrums an der zweitletzten Haltestelle der gelben Metro-Linie. Der Eintritt war mit 3‘000 Pesos (1 Schweizer Franken = ca. 565 Chilenische Pesos) äusserst günstig und zumindest im Gästeblock war etwas Stimmung vorhanden. Auch wenn der Verein offenbar weder von Popularität noch von Erfolg verwöhnt wird gibt man sich Mühe. Das in die Jahre gekommene Stadion wurde in den Farben Palästinas gestrichen und es gibt sogar einen Souvenirstand. Dies änderte jedoch nichts an der 0:2-Niederlage gegen den Gegner aus Calama.

Am Abend folgte schliesslich unsere erste Begegnung mit dem Nachtleben in Santiago. Und die hatte es in sich. Die Clubs und Bars im Barrio Bellavista sind Weltklasse, die Getränke sind erschwinglich und die Mädels bekommen das Prädikat ausgezeichnet (und stehen ganz offensichtlich auf Gringos). Da es in Santiago sehr viele Universitäten hat ist die Partyszene vorwiegend von Studenten geprägt, und die sitzen bereits am Nachmittag im Strassencafé vor einer Flasche Bier (1 Liter, 1‘000 Pesos) oder einem der traditionellen Drinks wie Terremoto oder Pisco Sour.

Etwas grenzwertig ist es schon einen populären Drink Terremoto, also Erdbeben zu nennen. Schliesslich wird Chile regelmässig von verheerenden Erschütterungen heimgesucht. Bei der letzten im Februar 2010 starben hunderte Menschen und selbst in der Hauptstadt wurden zahlreiche Häuser verwüstet. Nach Aussagen der Hostelcrew konnte man sich während des Bebens nicht mehr auf den Beinen halten. Es handelte sich übrigens um eines der schwersten Erdbeben das überhaupt je gemessen wurde.

Die kommenden Tage verliefen alle etwa nach demselben Muster: Tagsüber wurde im Hostel gechillt und Nahrung besorgt, manchmal lag sogar ein kurzer Bummel in die Stadt drin. Abends war dann entweder in unserem Hostel oder dem Schwesternhostel unweit entfernt Choripan- oder Pisco Sour-Night angesagt, ehe die die Clubs gerockt wurden. Selbst am Montagabend kommt man hier nicht vor 5:00 ins Bett (zumindest nicht ins eigene).

Das touristische Highlight war wohl die Fahrt mit der alten und äusserst steilen Standseilbahn auf den Cerro San Cristóbal, einem kleinen Berg mitten in der Stadt. Die Talstation lag nur wenige Meter unseres Domizils entfernt und kostete kaum etwas. Auf halber Strecke hielt das mit der Pilatusbahn vergleichbare Gefährt an einem Zoo, welcher aber nicht wirklich empfohlen wurde.

Auf dem Gipfel war es merklich kühler. Von der ersten Aussichtsplattform hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt Richtung Anden. Santiago ist oft in Smog gehüllt, doch während unserem Aufenthalt hatten wir ziemliches Glück mit dem Wetter. Ganz oben, auf der zweiten Plattform befindet sich eine Art Freiluftbühne (wohl für Gottesdienste) und eine grosse, weisse Steinstatue der Jungfrau Maria, welche zahlreiche gläubige Chilenen anlockt. Wir verzichteten auf eine Beichte und genossen den Sonnenuntergang.

Inzwischen war eine Woche vergangen. Marco und Martin hatten ihren Flug angetreten und ich hatte so langsam ein Durcheinander mit welcher hübschen Chilenin ich mich jeweils treffen sollte. Am Donnerstagmorgen trat ich schliesslich den Gang in die Stadt an, doch schon vor den Toren des Hostels fingen meine Augen an zu tränen und ziemlich schnell merkte ich dass es sich um Tränengas handelte. Nur Sekunden nach diesem Gedanken verfehlte mich der Strahl eines Wasserwerfers nur um wenige Meter und mir war bewusste dass ich mich mitten in einer Demonstration befand.

Seit rund 5 Monaten demonstrieren die Studenten von Santiago, aber auch anderen Städten für ein besseres und vor allem bezahlbares Bildungssystem. Da diese Proteste jeweils ziemlich schnell von der Exekutive aufgelöst werden kommt es regelmässig zu schweren Ausschreitungen. Da tags zuvor vielversprechende Verhandlungen scheiterten hatten die Studenten umsomehr Wut auf den Staat abzubauen.

Als der Spuk vorbei und das Barrio verwüstet war zog ich in die Innenstadt. Nun ja, vor der Universidad de Chile aus der Metro zu steigen war bestimmt nicht die klügste Idee, denn hier bot sich mir dasselbe Bild. Wasserwerfer, Tränengasschwaden und eine besetzte Universität. Ich schoss aus sicherem Abstand eine Unmenge an Fotos, amüsierte mich an den herumstreunenden „Riot Dogs“ und musste mehrmals verneinen als mir junge Chilenen Pflastersteine in die Hand drücken wollten.

Aus dem Besuch der Sehenswüdigkeiten um die Plaza de la Moneda wurde an diesem Tag also nichts, den in der Avenida O‘ Higgins, der Hauptstrasse, liegen auf rund 2 Kilometern gleich 3 Universitäten. Da bei allen etwa dasselbe abging setzte die Staatsgewalt schliesslich eine Menge an Tränengas ein, welche noch Abends im ganzen Zentrum für rote Augen sorgte.

Am letzten Abend passieren immer die besten Dinge. Diese Weisheit vieler Reisenden kann ich seit Jahren bestätigen. Und so war es dann auch kein Wunder dass mein Date mit der hübschen Peruanerin Marlene am letzten Abend stattfand. Und ich sage Euch, ich war so kurz davor meinen Flug nach ins Land des Sambas zu verschieben…



Die Stadt der guten Winde.

7 10 2011

In Buenos Aires angekommen blieb mir nicht viel Zeit. Eigentlich wollte ich am Donnerstagnachmittag gleich zwei Fussballspiele besuchen. Da sich an der Rezeption des Hostels aber eine kompetente Auskunftsperson befand liess ich mich dann doch davon überzeugen dass ich aufgrund von Zeitknappheit besser nur zum zweiten Kick fahre.

Fussball, Argentinien, Primera División, neuer Ground und Länderpunkt
22.09.11 CA Boca Juniors – Club Estudiantes de La Plata
1:0 (1:0), 37’000 Zuschauer, Estádio Alberto J. Armando (La Bombonera), Buenos Aires

Dieser fand im bei Touristen beliebten Stadtviertel La Boca statt. Der Verein Boca Juniors ist vor allem durch seinen berühmtesten Spieler, Diego Armando Maradona bekannt geworden. Die Heimspiele im schmucken Estádio Alberto J. Armando oder kurz La Bombonera sind in der Regel ausverkauft. Zumindest ist es schwierig an Tickets zu kommen. So legte auch ich mich zwei Stunden vor dem Spiel auf die Lauer und konnte den horrenden Schwarzmarktpreis immerhin auf 100 Pesos runterhandeln.

Die Stimmung war ganz gut, allerdings nicht so weltbewegend wie immer erzählt wird. Ein Spiel dass den ganzen Lobeshymnen meiner Freunde auch nur annähernd gerecht wurde habe ich in Argentinien keines gesehen. Trotzdem ist Fussball in Argentinien und insbesondere in Buenos Aires auf jeden Fall ein Erlebnis.

Fussball, Argentinien, Primera B Nacional, neuer Ground
23.09.11 Quilmes AC – CA Huracán
2:0 (0:0), 15‘000 Zuschauer, Estadio Centenario Dr. José Luis Meiszner, Quilmes

Am Freitag war dann eine Reise in den Vorort Quilmes angesagt. Quilmes ist vor allem wegen seiner riesigen Brauerei bekannt, weswegen die Fussballfans auch Los Cerveceros genannt werden. Die rund 30-minütige Fahrt mit dem Zug vom Bahnhof Constitución kostete mich gerade mal 0.8 Pesos pro Weg. Wirklich wohl fühlte ich mich in Quilmes jedoch nicht, denn zuviele neugierige Blicke musterten mich auf dem kurzen Fussmarsch entlang der kaum beleuchteten Strasse.

Die Partie der zweiten Spielklasse war dann aber ganz ahnsehnlich. 15’000 Zuschauer fanden sich im eher modernen Stadion ein, wovon auch einige tausend den Gästen zuzuordnen waren. Um ehrlich zu sein fand ich die Stimmung bei Quilmes die beste meiner Reise.

Vor dem Spiel allerdings schlenderte ich wenige Meter zu einem anderen Hostel. Hier hatte ich mich mit Franzi verabredet, einer Deutschen welche tags zuvor ihre Weltreise gestartet hatte und nun einen Begleiter in Buenos Aires benötigte. Zusammen spazierten wir durch den alten Hafen Puerto Madero und die vielen Einkaufsstrassen der riesigen Stadt. Zum Abendessen gönnten wir uns dann eine leckere Pizza in der Nähe meines Hostels. Die Restaurants und Imbissbuden in Buenos Aires sind allgemein sehr italienisch geprägt.

Am Samstag war erneut ein wenig Sightseeing angesagt. Mit Franzi ging es auf einen längeren Fussmarsch zum Stadtteil Recoleta. Hier ist insbesondere der noble Friedhof sehenswert. Hunderte Gruften und Mausoleen reihen sich hier aneinander. Bestattet sind vor allem reiche Familien und wichtige Persönlichkeiten. Die wohl bekannteste von ihnen ist die in Buenos Aires allgegenwärtige Evita, welche mit richtigem Namen María Eva Duarte de Perón hiess.

Evita war die zweite Frau des Staatspräsidenten Juan Perón und wurde von der argentinischen Bevölkerung schon fast gottgleich verehrt. Ihr Tod 1952 löste landesweite Bestürzung aus. Begraben liegt sie allerdings im verhältnismässig schlichten Grab der Familie Duarte, vor welchem sich regelmässig eine lange Schlange bildet.

Vor dem Friedhof fand an jenem Tag ein sehenswerter Kunstmarkt statt, auf dem alle möglichen handgemachten Dinge an die Touristen gebracht wurden. Manchmal ist es schon schade dass man nicht mehr Platz im Gepäck hat.

Wir gönnten uns einen Kaffee und genossen auf einer Wiese das herrliche Frühlingswetter. Dabei muss man allerdings aufpassen dass man sich nicht in einen der tausenden Haufen Hundescheisse setzt die in der ohnehin schon dreckigen und stinkenden Stadt überall herumliegen. Die Portenos (Einwohner von Buenos Aires) halten ziemlich viele Hunde. Zeit um mit ihnen Gassi zu gehen haben sie allerdings keine, weshalb der Job des Hundegassigehers boomt. Immer wieder sieht man Leute mit bis zu einem Dutzend Hunde an der Leine.

Fussball, Argentinien, Primera División, neuer Ground
25.09.11 CA Independiente – CA Vélez Sársfield
0:1 (0:1), 20‘000 Zuschauer, Estadio Libertadores de América, Avellaneda

Am Sonntag morgen wollte ich auch Franzi den argentinsichen Fussball schmackhaft machen. Mit der Partie Independiente gegen Velez in einem seit Jahren halbfertigen Stadion hatte ich aber kein glückliches Händchen. Die Partie war langweilig und endete mit einem Auswärtssieg. Die Stadien von Independiente und des Erzrivalen Racing stehen übrigens nur wenige hundert Meter voneinander entfernt im Vorort Avellaneda.

Fussball, Argentinien, Primera División, neuer Ground
25.09.11 CA San Lorenzo de Almagro – Racing Club Asociación Civil
0:0 (0:0), 35‘000 Zuschauer, Estadio Pedro Bidegain, Buenos Aires

Ohne Franzi ging es dann gleich weiter zum nächsten fussballerischen Kräftemessen in Argentinien. An einer Bushaltestelle lernte ich den jungen San Lorenzo-Hincha Manuel kennen, welcher dann auch gleich Hin- und Rücktransport mit Taxi bzw. Auto seiner Freunde organisierte.

Auch eine Karte zum für die bereits ausverkauften Stehplätze besorgte er mir in Kürze (90 Pesos). Bei der Partie San Lorenzo gegen Racing handelte es sich um einen sogenannten Clasico, also ein Stadtderby. Das ziemlich sehenswerte Stadion etwas ausserhalb des Zentrums war mit rund 37‘000 Fans ziemlich gut gefüllt. Die Stimmung hielt sich in Grenzen, was unter anderem am torlosen Remis gelegen hatte. Trotzdem war ich mit der Partie ganz zufrieden.

Auf der Rückfahrt zeigte mir Manuel noch den TESCO-Supermarkt, an dessen Stelle vor einigen Jahrzehnten noch das Stadion von San Lorenzo stand. Dieses mussten sie damals aus Geldnot verkaufen.

Fussball, Argentinien, Primera División, neuer Ground
26.09.11 CA Lanús – CA Colón
1:1 (1:0), 17’000 Zuschauer, Estadio Ciudad de Lanús, Lanús

Am Montag schaute ich mir noch das eher langweilige Spiel in Lanús an. Die Stadt Lanús ist aber ganz nett um vor dem Spiel ein paar Stunden bei leckerem Gelati zu chillen. Auch hierher ging es mit dem spottbilligen Zug.

Da ich Buenos Aires nie wirklich ins Herz schliessen konnte entschloss ich mich am Dienstag für zwei Tage nach Santiago de Chile zu fahren. Dass daraus fast zwei Wochen werden würden ahnte ich damals noch nicht…



Via Salvador vorübergehend nach Hause.

5 10 2011

Manchmal verlässt auch mich die Motivation einen Blogeintrag zu schreiben. So kommt es dass ich seit dem letzten Eintrag bereits eine Woche im Strandparadies Salvador do Bahia, einen Krankenhausbesuch, einen Heimflug sowie eine Woche Urlaub in der kalten Schweiz hinter mir habe.

Von Rio de Janeiro brachte mich die brasilianische Billigairline GOL für rund 80 USD nach Salvador im Bundesstaat Bahia. Der Service an Bord war für einen Billigflieger unüblich, gab es doch sogar Snacks und Getränke umsonst. Auch der Rucksack durfte kostenlos mitfliegen.

Etwas Verwirrung gab es nach der Ankunft mit der Zeitumstellung, denn die Angaben der Airline stimmten nicht. Auch später noch gab es in Salvador immer 2 verschiedene Zeiten. Dies weil die Regierung des Bundesstaates dieses Jahr kurzfristig entschlossen hatte bei der Zeitumstellung mitzumachen. Offenbar vergass man aber die Bevölkerung darüber zu informieren.

In Salvador machte ich mich mit dem Flughafenbus kurz vor Mitternacht auf ins Zentrum. Die Fahrt kostete 3 BRS und der Fahrer lud mich freundlicherweise fast vor dem Hostel ab. Offenbar hatte er aufgrund des tobenden Sturmes Mitleid mit mir. Auch in Salvador sah ich nur selten die Sonne.

Der einzige richtige Sonnentag verbrachte ich wie es sich gehört am Strand unweit des Hostels. Oder besser gesagt: An dem was vom Strand noch übrig war. Der Sturm der letzten Tage hatte nämlich fast allen Sand weggespült. Und hier passierte es dann auch: Während wir uns mit ein paar einheimischen Kindern eine Sandschlacht lieferten tauchte ich ins etwa 1 Meter tiefe Wasser. Dabei wurde ich von einer Welle so unglücklich erfasst dass ich mit dem Kopf direkt auf dem Grund aufprallte. Die Folge waren so starke Rückenschmerzen dass ich tags darauf mit der Australierin Selen das spanische Krankenhaus aufsuchte.

Selen hatte ein paar Wochen zuvor einen ähnlichen Unfall und hatte sich dabei den Fuss gebrochen. Sie brachte mich auch gleich zum englischsprechenden Arzt ihres Vetrauens. Obwohl er meinte dass es wohl nur eine starke Prellung der Wirbelsäule sei bestand ich auf Röntgenbilder. Diese schlossen einen Bruch zum Glück aus. Die ganze Prozedur inklusive Medikamente kostete mich rund 180 BRS.

Fussball, Brasilien Série A, neuer Ground
23.10.11 Esporte Clube Bahia – CR Vasco da Gama
0:2 (0:1), 32’117 Zuschauer (ausverkauft), Estádio Roberto Santos, Salvador

Am Sonntag war ein letztes Mal Fussball angesagt. Einer der beiden grossen Vereine Salvadors spielte gegen CR Vasco da Gama, welche sich grosse Hoffnungen auf den Meistertitel machen duften. Daher wurden im Vorverkauf überdurchschnittlich viele Tickets abgesetzt, es war also mit vollem Haus zu rechnen.

Zusammen mit Larry, einem fussballbegeisterten Brasilianer nahm ich den Bus zum Pituaçu-Park, hinter welchem das Estádio Roberto Santos steht. Hier trägt der EC Bahia seine Heimspiele aus nachdem das eigene Fonte Nova-Stadion während der Aufstiegsfeier 2007 teilweise eingestürzt war. 7 Menschen kamen damals ums Leben. Nun wird für die Fussball-Weltmeisterschaft 2014 eine neue Arena an derselben Stelle gebaut.

Wir besorgten uns die beinahe letzten Tickets zum offiziellen Preis von 30 BRS und gönnten uns im Village vor dem Stadion bei bestem Wetter ein paar kühle Cervejas. Die Händler boten sich was die Preise angeht fast gegenseitig in den Ruin. Auch im Stadion gab es zum ersten Mal alkoholhaltiges Bier (zumindest legal).

Das Spiel war sicher nicht das ansehnlichste der Reise, doch die Atmosphäre im rappelvollen Oval war schon ganz eindrücklich. Das Stadion war auch einer Seite geöffnet und bot einen super Blick auf den Park den man schon fast als Regenwald bezeichnen könnte. Das Spiel endete mit 0:2 für die Gäste aus Rio de Janeiro, welche mit rund 5‘000 Fans angereist waren.

Am Dienstagabend fand in der Altstadt von Salvador, in Pelourinho, eine Strassenparty statt. Diese durften wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Unterhalb einer grossen Treppe spielte eine Reggae-Band und auf der Treppe tanzten die Leute. Dazu gabs Caipirinha und Fleisch vom Spiess.

Am Mittwoch war es dann soweit: Mein Vogel des deutschen Ferienfliegers Condor brachte mich sicher, aber turbulent nach Frankfurt am Main, wo wir fast geräuschlos auf der brandneuen Landebahn aufsetzten. Mit dem inkludierten Ticket ging es mit der Deutschen Bahn im ICE weiter nach Basel.

Kurz vor der Grenze geschah jedoch das unfassbare: Zwei Zöllner fragten mich was ich denn so in Brasilien eingekauft hätte. Ich antwortete wahrheitsgetreu dass ich nur ein Kilogramm Mate-Tee dabei hätte, welcher in der Schweiz und in Deutschland ganz legal in allen Teeläden und Supermärkten erhältlich ist.

Nun ja, der ausführende Arm der Staatsgewalt wusste es natürlich wieder mal besser, schleppte mich wie einen Schwerverbrecher durch den ganzen Zug und verpasste mir eine Anzeige wegen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz! Grund: Es handle sich dabei um illegalen Coca-Tee. Sie seien seit 25 Jahren im Amt und wissen wie ein Coca-Blatt aussehe. Dass das angebliche Coca-Blatt auf der Packung aber ein Mate-Blatt war wollten die beiden Herren partout nicht einsehen. Nun wird die Anzeige selbstverständlich fallengelassen, aber der Tee ist weg (ich könnte ihn in Basel abholen…).

Am Badischen Bahnhof in Basel stand mein Vater auch schon und brachte mich nach Hause. Es folgte eine Woche Erholung bei meinen Eltern, ein Wiedersehen mit meinem Bruder und der allnächtliche Kampf mit unseren 2 Katzen um die Vorherrschaft auf dem Bettsofa. Natürlich nutzte ich die Zeit auch meinen Rucksack zu entrümpeln und ein paar Dinge nachzukaufen. Von 23kg beim Start der Reise im Jahre 2008 über 16kg vor Beginn dieser Reise hatte ich meinen Rucksack nun auf 11kg schrumpfen lassen.

Gestern war bereits wieder die Fahrt zum Flughafen angesagt. Im Zug von Lenzburg nach Basel traf ich mich mit David, meinem „Wingman“ für die kommenden 5 Monate. Wohin uns unsere Reise dieses Mal führt lest Ihr im nächsten Blog…